Volltext: Zur Geschichte der oberösterreichischen Mundarten

e) Selten, aber beweisend dafür, daß die Entrundung beteits im 
15. Jhdt. vollzogen war, ist das Zeichen ie in fierer stiftsurb.il 548. 
§ 29. ai als Kontraktionsprodukt. 
1. Lautwert: Wir haben bei der Kontraktion von -age- mit 
Zwierzina (Bd. 44, S. 37 2) drei Stufen zu unterscheiden. Bei der ersten 
Stufe wurde g palatalisiert und a ) ä umgelautet. Es wurde agi ) ai 
und dieses ai erscheint in den heutigen oberösterr. Mdaa. ebenso wie 
der alte Diphthong ai als qb. Die zweite Stufe tritt später ein. Hier 
wurde agi ) ege, da der Umlaut schon zu e vorgedrungen war. Sie 
hat zunächst ei ergeben, das sich über äi ) heutigem ä gewandelt hat. 
Bei der dritten Stufe endlich ist agi ) ägi ) ai geworden. Dieses ai ist 
mit dem alten Diphthong ai zusammengefallen, nicht mit dem aus ege 
entstandenen. Dieses ai hat sich zu heutigem qb gewandelt, doch 
weisen in Oberösterreich nur mehr die Mdaa. des Innviertels und Salz¬ 
kammergutes qb auf, während die anderen oberösterr. Mdaa. unkontra- 
hierte Formen verwenden. (Vgl. Mdaa. § 36.) Die unkontrahierten Formen 
bestanden ja im Mhd. neben den kontrahierten und haben immer mehr 
die Oberhand gewonnen. 
2. Schreibung: a) Für die Stufe 1 und 3 finden wir dieselben 
Zeichen wie für den alten Diphthong ai nämlich ai, ay. Diese beiden 
ai der 1. und 3. Stufe, und nur diese, werden ja auch in den Reimen 
österr. Dichter untereinander und mit altem ai gebunden, was jedenfalls 
für den völligen Zusammenfall der beiden Laute deutlich spricht. Nie 
wird aber mit einem dieser drei ai-Laute das ai der 2. Stufe oder ei ( 1 
gebunden. Nun mögen Beispiele für Stufe 1 und 3 folgen: 
traides cap. 3, taidinger kremsm. 113, betaidingt kremsm. 117, traid 
cap. 263, 271, 350, stiftsurb. I 344, taiding kremsm. 32, frid. 82, trayd 
stiftsurb. I 185; gejaid stiftsurb. I 390, Jaydha^s gau. 128. 
b) Für die Stufe 2 finden wir zwar auch ai, ay in einzelnen 
Fällen: glait flor. 39, geiait cap. 95, wilh. 46, gelayt mond. 3. 
c) Daneben begegnet jedoch ei, ey, also Zeichen, die eigentlich 
dem aus 1 entstandenen Diphthong entsprechen. Dieser neue Diphthong 
ei stand dem ei < egi einst qualitativ so nahe, daß dafür ei geschrieben 
werden konnte. Für die Stufe 1 und 3 finden wir nie ei, ey. An Bei¬ 
spielen finden wir: 
gein kremsm. 99, Meinhart gau. 2, Reynoltsperig cap. 323. 
d) Wir finden aber für die 2. Stufe auch a; nachdem sich im 
Anfang des 14. Jhdts. im Bayrischen ä ) a entwickelt hatte, konnte für 
dieses neue a < ege auch a geschrieben werden. Diese Schreibung, die 
wir zu Beginn des 14. Jhdts. finden, ist uns ein Beweis, daß der heute 
gültige Lautwert schon damals herrschte: Tadinger kremsm. 30.
	        
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