Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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Die Wirt- 
»chaftsverhält- 
nisse in 
Norikum. 
Es verdient hervorgehoben zu werden, daß auch die ganze Art, wie 
Severin den Zehenten auffaßt und verwendet haben will, nach den drei 
kirchlichen Anschauungskreisen hindeutet, bei denen er die Anregung 
seiner Wirksamkeit offenbar empfangen hatte, nach dem Orient, 
nach Afrika und nach der römischen Schule, die ja als Erbin der 
nordafrikanischen Schule zu gelten hat. Die Aiöaxrj und die „Aposto 
lischen Konstitutionen“, Tertullian, Cyprian und Laktanz haben ebenso 
wie Hieronymus und Ambrosius seine Auffassung in diesem Punkte 
beeinflußt. 
Die Behandlung der Frage über die Einführung der Zehenten durch 
Severin setzt zwei weitere Fragen zur Erörterung, eine nach den Wirt 
schaftsverhältnissen Norikums im 5. Jahrhundert und eine nach der 
allgemeinen geschichtlichen Stellung Severins. 
Es wurde bemerkt, daß der Zehent, den Severin in Norikum ein 
richtete, aus Kleidern und aus Feldfrüchten bestand, aber nicht aus 
Geld, das die Aiöaxrj neben jenen beiden anderen Spenden auch als 
Zehentgabe bezeichnete und zuließ. Darnach liegt es nahe zu vermuten, 
daß auf dem Schauplatz der Wirksamkeit Severins das Edelmetallgeld, 
soweit es überhaupt vorhanden war, kein tatsächliches Zahlungsmittel 
gewesen ist, mit anderen Worten, daß naturalwirtschaftliche Ver 
hältnisse vorherrschend gewesen sind. 
Wohl hören wir von der Löhnung der Soldaten: Als die Unterhaltung 
der Soldaten am Limes auf öffentliche, städtische Kosten allmählich 
abkam, hielt nur noch die batavinische Schar aus, für die einige Soldaten 
in Italien Sold zu holen auszogen 1 ). Es liegt kein Grund vor zu der 
Annahme, die seit Diokletian für alle Staats- und Zivilbeamten bestehende 
Besoldung in Naturallieferungen 2 ) habe in Norikum eine Ausnahme 
1 ) Cap. 20, 1: multorum milites oppidorum pro custodia limitis publicis stipendiis alebantur 
(p. 31, 4) .... Batavino numero perdurante: ex quo perrexerant quidam ad Italiam extremum 
Stipendium commilitonibus allaturi (p. 31, 6). Rodenberg in der Einleitung zur Übersetzung 
der vita (Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit S. 8) sagt: „Die Soldaten blieben ohne Sold“ 
und ebenso Georg Kaufmann, Deutsche Geschichte II 24: „Die Truppen erhielten auch keinen 
Sold mehr“. Das stimmt nach der vita nicht ganz. Zunächst erhalten die Truppen Sold von 
den Städten am Limes. Die Abgesandten des numerus Batavinus aber wollten ihren Sold in 
Italien holen, werden freilich unterwegs erschlagen. 
’ 2 ) Karlowa, Römische Rechtsgeschichte I 874. Eduard Meyer, Die wirtschaftliche Entwicke 
lung des Altertums S. 63 A. 1. Bücher in Schäffles Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 
(1894) 50, 205. Sommerlad, Das Wirtschaftsprogramm der Kirche des Mittelalters S. 103f.
	        
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