Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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Würde durch einen Mönch nicht gerade sympathisch gewesen, so 
läßt doch die Erwähnung des rätischen Bischofs Valentin, der Abt 
war (ob vor oder zugleich mit seiner Bischofswürde, ist nicht bemerkt), 
den Gedanken eines Gegensatzes von Mönchtum und Weltkirche 1 ) in 
unserem Gebiet in keiner Weise aufkommen, wie denn auch die 
Ratschläge, die der heilige Mönch selber den Bischöfen erteilt, von einem 
freundlichen Zusammenwirken beider kirchlicher Institute in Norikum 
deutlich genug Zeugnis ablegen. 
Einen Gegensatz zwischen Welt- und Klostergeistlichkeit schließt Presbyter, 
ebenso auch die Notiz von dem Mönch Marcianus, der später als 
Presbyter vor Eugippius Klostervorsteher war, wie die Tatsache, daß 
Eugippius selber die oberste Stellung im Kloster mit dem Presbyteriat 
verbunden hat * 2 ), völlig aus. Vielmehr scheint im Mönchtum Severins 
gerade für den Klostervorsteher das Presbyteramt die Vorbedingung 
seiner Stellung gebildet zu haben. Aber noch ein weiterer Schluß ist 
nun wohl kaum von der Hand zu weisen. Da Kapitel 37 von Marci 
anus sagt: „der später als Presbyter vor uns dem Kloster Vorstand“ 
und da Kapitel 11 über denselben Marcianus berichtet: „der später 
unser Presbyter wurde“ 3 ), so liegt eigentlich die Annahme nicht fern, 
daß entweder der Titel „Presbyter“ als gleichbedeutend mit „Kloster 
vorsteher“ gebraucht wurde (wofür übrigens auch die epistola Paschasii 
zu sprechen scheint) oder aber, daß in jedem Severinskloster nur ein 
Presbyter vorhanden war, der zugleich das Vorsteheramt ausübte. Das 
hat manche Wahrscheinlichkeit für sich. Wir hören in der Tat nur, 
wenn es sich um Stadtkirchen handelt, in der vita von mehreren Pres 
bytern ; wo aber mehrere Priester im Kloster erwähnt werden, gebraucht 
Eugippius den Ausdruck „sacerdotes“ 4 ), zu denen dann also außer dem 
Presbyter des-Klosters die Diakonen gerechnet werden müßten. Die 
einzige Stelle aus der vita, die dieser hier vorgetragenen Auffassung 
allenfalls entgegenstehen könnte, ist die des Kapitels 41, wo der Presbyter 
3 ) Beispielsweise Gregor I. hat die Trennung von Mönch- und Priesterstand gewünscht: 
im Sept. 593 schreibt er, Kleriker, die Äbte werden, sollten nicht Kleriker bleiben. Registrum 
Gregorii IV 11 (M. G. Ep.). Holm, Geschichte Siziliens III 303. 506. 
2 1 Cap. 37, 1: Marcianum monachum, qui postea presbyter ante nos monasterio praefuit 
(p. 46, 3). Vergl. die Überschrift der epistola Paschasii (p. 57). 
3 ) Cap. 11, 2: Marciani post presbyteri nostri (p. 22, 23). 
4 ) Cap. 9, 3: collocavit officio sacerdotum (p. 21, 11); cap. 23, 2: sacravit officio sacerdotum 
(p. 33, 14). Siehe unten S. 31 Anm. 4.
	        
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