Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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le Kirchen 
verfassung. 
Cap. 40, 5 sagt Severin: „ut hostes aestimantes auri se quippiam reper- 
turos etiam mortuorum sepulturas effodiant“ (p. 48, 13). 
Wenn, wie Lindner mit Recht annahm, zu der Minderung des wert 
vollsten Edelmetalls in den Zeiten der Völkerwanderung auch die Grab 
beigaben für Heerkönige und Toten mitgewirkt haben 1 ), so zeigt diese 
Stelle der vita Severini, daß doch auch andere Gräber wieder mit den 
Goldschätzen, die sie bargen, zu einer Vermehrung des Edelmetalls bei 
getragen haben. 
So haben also die germanischen Goldschmiede aus dem Waschgold 
des Rheins, aus dem Goldbestand ihrer Kriegsbeuten, aus römischem 
Metallgeld, das in ihre Hände kam, ebenso wie aus der Totenmitgift 
der Gräber das Material für ihre Schmiedearbeiten entnommen. 
Wenden wir uns nun zu dem eigentlichen Anschauungskreis, dem 
die vita Severini entstammt, dem christlich-kirchlichen, so sei betont, 
daß schon Wattenbach darauf hinwies 2 ), keine andere Quelle gäbe „in 
so reichhaltiger Weise ein Bild des christlich gewordenen und bereits 
mit vollständiger kirchlicher Einrichtung versehenen Römerlandes im 
Süden der Donau“. Auch Bernoulli bemerkte: „Wir sehen die ausge 
dehnten kirchlichen Einrichtungen einer römischen Provinz scharf Um 
rissen vor uns“ 3 ), und Rettberg schloß 4 ): „Das Land steht an Ausbildung 
kirchlicher Zustände wohl keiner römischen Provinz nach.“ 
Allerdings gibt uns die vita einige Beiträge zur Kirchenverfas 
sung einer römischen Provinz im Ausgang des 5. Jahrhunderts, aber 
a ) Geschichte des deutschen Volkes I 14 h v. Inama-Sternegg a. a. O. I 190 weiß davon 
nichts. So hat man z. B. auf einem spät merowingischen Gräberfeld in Sindlingen bei Höchst 
am Main das Grab eines gutsituierten Franken gefunden, in dem unter anderen Kostbarkeiten 
auch ein Schildbuckel mit goldverziertem Knopf lag (vergl. Korrespondenzblatt der deutschen 
Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 1898. 29, 7 S. 50). Auch in 
Funden aus dem Gebiet an der unteren Donau, die aus römischer Zeit stammen, hat man 
Goldschmuck entdeckt, während die Goldfassung der dort erhaltenen Steingemmen offenbar 
von gewinnsüchtigen Feinden herausgebrochen worden ist (ebendort Nr. 9 S. 105). Vergl. 
auch Wackernagel, Kleinere Schriften I 46 Anm. I. Über den Goldfund von Nagy-Szent- 
Miklos (bei Szegedin) s. J. Hampel in der Ungar. Revue 1885 S. 598 ff. S. auch J. Jung, 
Römer und Romanen in den Donauländern 1887 S. 216. Über den in Oberitalien aus 
gegrabenen Königsschatz der Wandalen vergl. Mommsen, Neues Archiv der Gesellschaft für 
ältere deutsche Geschichtskunde VIII 303ff.; XI 630. 
2 ) Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 1885 I 44. 
3 ) Bernoulli, Die Heiligen der Merowinger S. 55. 
4 ) Kirchengeschichte Deutschlands 1846 I 228.
	        
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