Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Dritter Band (3 / 1900)

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Ehrenbuch blätter. 
Friedrich Th. Bischer in Zürich. Franz Keim bewahrte sein dichterisches 
Talent anch mitten in des Lebens Noth: Neben der trockenen und aufreibenden 
Zahlenarbeit fand er Stimmung lind Muße, sein poetisches Erstlingswerk „Sulamith" 
zu schaffen (1875), jenes Drama, welches Mosenthal zu dem Ausrufe ver¬ 
anlaßte, es sei das beste Stück seit Grillparzer's „Esther", welches dem 
Dichter die Gunst des Hofrathes Zimmermann, die Zuneigung Lanbe's 
erwarb und ihm bei der ersten Aufführung im Wiener Stadttheater den jubelnden 
Beifall der akademischen Jugend eintrug; jenes Drama, das den Dichter mit 
einem Schlage in weiten Kreisen berühmt machte, das ihm mittelbar zu seiner 
Lebensstellung als Ghinuasialprofessor verhalf und ihm so die Möglichkeit bot, 
einerseits den Samen des Schönen in die Herzen der Jugend zu pflanzen, 
andererseits frei von Nahrungssorgen seiner Kunst zu leben. Mit dem Werke 
„Sulamith", welches über viele, selbst kleine Bühnen gieug und 1885 von dem 
serbischen Dichter Br an eie vortrefflich in seine Muttersprache übersetzt tvurde, 
begann sich Keim's schöpferische Kraft zu entwickeln, seine edle Muse erblühte 
vollends und führte ihn ans der dornenvollen Bahn des Poeten ruhmbedeckt weiter 
von Erfolg zu Erfolg. So erschien zunächst 1879 das markige, von einem großen 
Geiste getragene Trauerspiel „Der Königsrichter", 1881 das Lustspiel „Der Meister¬ 
schüler", 1892 das liebliche „Steiufeldmärchen", das volksthümliche Festspiel 
„Der Schenk von Düreustein", das geschichtliche Volksstück „Der Schmied von 
Rolaudseck" und das Schauspiel „Die Spinnerin am Kreuz", 1894 die Komödie 
„Der Schelm vom Kahlenbergs", und endlich 1896 das Schauspiel „Der Weg 
zum Glück". 
Die meisten dieser Stücke, besonders „Der Schmied von Nolandseck" 
und „Die Spinnerin am Kreuz", ei» Volksstück besten Tones, das mit überaus 
glücklichem Colorjte eine sehr verbreitete Wiener Localsage behandelt, errangen 
auf vielen Bühnen des In- und Auslandes die größten Erfolge. Die formell 
universellste Arbeit des Dichters aber und als ersonnene Fabel ungleich wichtiger 
als manche andere Conception ist die bisher noch nirgends aufgeführte Tragödie 
„Mephistopheles in Nom", nach des Dichters eigenem Ausspruche „das Werk 
seines Lebens": Ein Seitenstück zum zweiten Theil von Goethe's „Faust", wird 
die Arbeit zu einem großartigen Bekenntnis seiner selbst, seiner Liebe zu den 
Mitmenschen und ein Mahnruf für Viele. 
Von Keim's epischen Arbeiten ist unstreitig sein „Stefan Fadinger" (1885) 
seine gelvaltigste und ureigenste. Das Werk erlebte 1896 eine neue, um zwei 
Gesäuge vermehrte Auflage. Aber auch auf dem Gebiete der Lyrik findet Keim 
nebst kraftvollen Rufen die znm Herzen dringenden Töne zarter Empfindungen. 
Dies gilt z. B. von dem Gedichte „Mein Herzeusgruß", den er an die Stadt 
Gmunden 1886 anläßlich ihres füufundzwauzigjährigen Jubiläums als Curort 
richtete, und der mit den Strophen schließt: 
„Heimat! so lang' ich leben werde, 
So lang' ich athme, bin ich dein; 
Einst will ich ruh'n in deiner Erde 
Bei Vater, Mutter, Schwesterlein.
	        
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