Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Dritter Band (3 / 1900)

Allerlei Schicksale, 
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ziemlich verflüchtigt, und war von den meisten derselben das angestammte evan¬ 
gelische Glaubensbekenntnis ivieder offen hervorgekehrt worden. Gleichwohl blieben 
ihre wie auch die religiösen Bedürfnisse der Bauernbesatzung mangels eines Predi- 
canten eine Zeit lang völlig unbefriedigt. Zwar hatte der Magistrat im Vereine 
mit den Städten Vöcklabruck, Wels und Eferding am 8. Juli von den Land¬ 
stünden die Zusendung evangelischer Prediger begehrt, weil bei ihnen „viel im- 
getaufte Kinder" seien, und im klebrigen den Entschluß bekannt gegeben, solche 
Predicanten „alldahin mit Ordnung zu vociren". Die Stände aber vertrösteten 
die Bittsteller bis ans Weiteres, und thatsächlich kam erst am 18. August ei» 
evangelischer Predicant aus dein Lager in der Weiberau nach Gmunden.^) 
Um diese Zeit hatten die zur Stillung des Aufstandes bestimmten kaiserlichen 
Truppen unter den Obersten Löbl und Brenner bereits mehrfache Erfolge 
errungen. Trotzdem ivvllte man in dem vorgenannten Bauernlager vom Frieden 
nichts wissen, sondern entschloß sich, den Kaiserlichen entgegen zu ziehen. Zn diesem 
Zwecke wurde bis in das Salzkammergnt hinein „bei Hängen und Brennen" auf¬ 
geboten, und während 2000 Bauern unter dem Hauptmann Jäger gegen Wels 
zogen, sammelte sich auch im Lager bei Gmunden eine bedeutende Schar. Wer 
diese befehligte, ist nicht bekannt. Doch wissen wir, daß ihnen der Predicant, um 
sie zum Kampfe würdig vorzubereiten, das Abendmahl zu reichen gedachte. Er 
begehrte deshalb am 20. August von dem Zechprobst der Pfarrkirche, dem Bürger 
Georg Vogl, er solle „dieKirchen zum Communiciren präpariren mit» zubereiten". 
Dieser aber, ein Katholik, wies das Ansinnen ab, tveil die Kirche „spoliirt gewest" 
(ausgeplündert um-).69) Doch stellte er den nöthigen Speiswein bei unb trachtete 
auch das iveitere Begehren, 10.000 Oblaten zu beschaffen, nach Möglichkeit zu 
erfüllen, indem er Tag und Nacht vier Boten nach Schwanenstadt, Lambach, 
Wels, Kirchham, Viechtwang und Traunkirchen schickte, aber nur 7600 Stück, das 
Hundert zu 6 kr. auftreiben konnte. Die nun folgende Spende des Abendmahles 
dauerte fünf Tage?9) Es befanden sich also sehr viele Bauern im Lager bei 
Gmunden, wenn auch gewiß anzunehmen ist, daß sie die Anzahl von Zehntausend, 
wie die Menge der begehrten Hostien glauben machen könnte, nicht erreicht haben 
und daß diese Ziffer wahrscheinlich nur um 511 imponiren genannt wurde. Auch 
dürften viele Bauern, da sie ja doch meist nur mit Gewalt aufgetrieben worden 
waren, bald wieder nach Hause entlaufen fein.71) Am 27. August, 11 Uhr 
Vormittags, zogen die Bauern und mit ihnen 60 Gmundener unter Führung des 
Lieutenants, vermuthlich um Wels 31t unterstützen, wo sich ein Zusammenstoß mit 
den kaiserlichen Truppen vorbereitete, bis auf 300 Mann von Gmunden ab.7'1) 
Diese letzteren gehörten alle der Pfarre Atzbach an. Tags zuvor war eine Bauern¬ 
schar noch in die Pfarrkirche eingedrungen und hatte dort nach verstecktem Pulver 
„und anderen Gütern" gesucht. Als sic nun tvirklich etwas weniges an Pulver 
verstreut fanden, rissen sie, um nach mehr zu suchen, die Grüfte auf. Da sie aber 
nichts fanden, stellten sie die Meßnerin „stark zu Rede". Diese aber entlief und 
flüchtete, von den Bauern verfolgt, in das Haus eines Beamten, ivelches nun 
beinahe geplündert worden wäre. Die Meßnerin aber, die sich auf dem Dach¬ 
boden verkrochen hatte, wurde herunter geholt und durchgeprügelt. Nicht besser
	        
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