Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Erster Band (1 / 1898)

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Die Stadtbehörde. 
bä mittlerweile die eben berührten Wechselbeziehungen, theils ans örtlichen, theils 
aus allgemeinen Ursachen eine durchgreifende Veränderung erlitten hatten, erst im 
Jahre 1642 endgiltig außer Wirksamkeit?") 
Die einflußreiche Stellung, welche dem Gesagten zufolge einein Stadtrichter 
von Gmunden zukam, erscheint auch in dein Titel deutlich ausgeprägt, mit welchem 
derselbe im XVII. und XVIII. Jahrhundert, der schwülstigen Redeweise dieser 
Zeit entsprecheiid, fast ausnahmslos angesprochen wurde; er lautete gewöhnlich: 
„Wohl Edelgestrenger, Großgünstiger, sonders hochgeehrter und gebietender", oder 
„in Gebühr hochgeehrter Herr Stadlrichter", während die Uiiterschrift der bezüg¬ 
lichen Eingabe meist in die Worte: „Euer Gestrengen gehorsamer und deinüettiger" 
oder „Dienstschuld- und Ehrenwilligister" allsklang. Jin Uebrigen nannte sich 
das jeweilige Oberhaupt der landesfürstlichen Stadt Gmunden auch „der 
römisch-kaiserlichen Majestaet Diener", später kurzweg „kaiserlicher", im XVIII. Jahr¬ 
hundert auch „kaiserlich-königlicher Stadtrichter". Die gesammte Stadtbehörde 
aber erscheint in den von ihr ausgehenden Urkunden stets unter dem Titel: 
„Wir N. Richter und Rath der Stadt Gmunden"?') 
Der Posten eines Stadtrichters zu Gmunden war als eine bevorzugte 
Ehrenstelle weder bezüglich der Rechtspflege, »och auch der politischen Verwaltung 
init einem fixen Gehalte verknüpft. Jedoch erwuchsen ihm aus seinem Amte 
allerlei Einkünfte. So bezog er, ivas uns hier zunächst beschäftigt, als der 
oberste politische Beamte der Stadt aiis den Gefällen der beiden Jahrmärkte,28) 
u. zw. für jeden derselben den Betrag von 6 fl. Rh., vermuthlich als Entschädigung 
dafür, daß sie die richterliche Thätigkeit in erhöhtem Maße in Anspruch nahmen. 
Weiterhin leisteten die Handwerker für den besonderen Schutz, den er ihnen 
airgedeihen ließ, dein Stadtrichter gewisse Abgaben in Geld oder Natriralien, 
das sogenannte „R i ch t e r r e ch V'?') So die Fleischhauer, deren jeder allwöchentlich 
dem jeweiligen Stadtrichter eine Rindszunge geben mußte, welche Leistung im 
XVII. Jahrhunderte in Geld, u. zw. per Stück 10 verabfolgt ivurde; ferner 
die Bräuer, deren jeder dem Richter von jedem Sud „aine Halbe Bier" über¬ 
schicken mußte?") Ebeirsv bekam das Stadtoberhaupt von den zu Markte ge¬ 
brachten Karpfen für die Benützung der Stadtivage von jedem der Händler ein 
Stück,"') von jeder Weinfuhr aber, die über deii See hinaufgeführt ivurde, vier 
Maß „Stichwein"."2) Eiii stäiidiger Jahresbezug des Stadtrichters aus der 
Stadtcassa war arich die „Neujahrsverehrung","") ein Geldbetrag von derselben 
Höhe, wie er den anderen Rathsmitgliedern zukaiii. Endlich stellte sich auch das 
Pflegamt der Grafschaft Ort mit einem jährlichen Geschenke von drei Forellen 
und vier Aeschen ein."") 
Nebstdem finden sich in den Acten noch einige Belege für außergewöhnliche, 
einzelnen Stadtrichtern über Rathsbeschluß zugewiesene Geschenke. So erhielt 
1650 der Stadtrichter Johann Ziepet dafür, daß es seinen Bemühungen 
gelungen war, das Stadtbad aus einem Lehensgute in ein freies Eigenthum zu 
verwandeln, aus der Stadtcassa eine Remuneration von 50 fl."") Der Stadtrichter 
Johann Gottfried Vorrig von Hochhaus erhielt 1673 „wegen seiner 
sonderbaren gehabten Mühwaltungen, und in dem zuversichtlichen Vertrauen, er
	        
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