Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Erster Band (1 / 1898)

Sociale Verhältnisse. 
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Betriebe ihres Handwerkes gestattet. Diese Bestimmungen blieben auch in der 
Folge aufrecht."'") 
Daß die Anzahl der Mitbürger jene der Bürger bedeutend übertraf, ist 
einleuchtend. Sie wird z. B. zum Jahre 1644 mit rund 300 angegeben."?) Die 
Aufnahme unter die Mitbürger stand wie bei jenen dem Magistrate zu. Jedes 
derartige Ansuchen mußte mit einem Geburtsbriefe und (bei Handwerkern) mit 
dem Lehrbriefe belegt sein. Bei Söhnen von Mitbürgern genügte anstatt eines 
Geburtsbriefes das von zwei bis drei Männern abgegebene Zeugnis, daß sie 
deren Eltern schon als Brautleute gekannt und sie „miteinander zu Kirchen und 
Gassen gehen" gesehen hatten.^) 
Wurde einem Aufnahmsgesuche Folge gegeben, so mußte der neue Mitbürger 
in die Hände des Stadtrichtcrs au Eidesstatt „das ordentliche Glüb" (Gelübde, 
Angelobung) ablegen, und weiters für die Eintragung seines Namens in das 
Steuerbuch ein „Einschreibgeld" von 18 kr. Rh., das später auf 24 S) ermäßigt 
wurde, an die Stadtcassa entrichten. Im Falle der Auswanderung galten für die 
Mitbürger die nämlichen Bestimmungen ivie bei den Bürgern."") 
Die zur „Gmain" gehörigen Mitglieder der Stadtgemeiude waren theils 
Hausbesitzer (jedoch nur in den Vorstädten), theils u. ziv. zumeist Inwohner. 
Sie trugen zu den städtischen Lasten nichts bei, weshalb ihnen auch außer der 
Versorgung im Verarmungsfalle keines der vorbeschriebeneu Rechte der übrigen 
Gemeindeglieder zukam."") Auch leisteten sie dem Magistrate keinerlei Angelobung. 
Ihren Lebensunterhalt verdienten sie durch irgendeinen Gewerbebetrieb oder eine 
sonstige (uichtbürgerliche) Beschäftigung. Bon dem eigenen Familienzuwachse ab¬ 
gesehen ergänzten sich ihre Reihen stets durch Zuzug von auswärts. 
In neuerer Zeit wurde der Unterschied zwischen „Bürger" und „Mitbürger" 
allmählich fallen gelassen, und man begegnet daher der letzteren Bezeichnung seit 
den Dreißigerjahren unseres Jahrhunderts nicht mehr in den Acten. Diese 
nivellirende Wirkung war namentlich durch das Aufhören einiger besonderer Vor¬ 
rechte der Bürgerschaft, der bürgerlichen Salzaufschütt (1789) und des Salz¬ 
handels (Freigebung desselben 1824) hervorgerufen worden. Die Einbuße, welche 
die einstige Bedeutung des Bürgerthums als einer bevorzugten Classe der Be¬ 
wohnerschaft hiedurch zweifellos erlitten hatte, schien in der Folge noch insofernc 
eine Verstärkung zu erfahren, als das bisher alleinige Anrecht der Bürger auf 
das städtische Vermögen au der Hand des provisorischen Gemeindegesetzes vom 
17. März 1849 im Verordnungswege aufgehoben"') und den Gemeindegliedern 
überhaupt seingeräumt werden sollte. Die dagegen seitens der Stadtvertretung 
eingebrachten Vorstellungen fanden jedoch schon damals Berücksichtigung, und 
ebenso wurde später durch das „Gemeindegesetz" vom 28. April 1864 in allgemein 
gütiger Weise auch das diesbezügliche alte Recht der Bürger von Gmunden voll¬ 
inhaltlich gewahrt."") 
Inzwischen hatte man den geänderten Zeitverhältnissen bereits Rechnung 
getragen. Nachdem schon früher durch Regierungsdecret vom 29. November 1827
	        
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