Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

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ohne Ausnützung der besonderen Effekte der Technik in Hast festgehalten. 
Der schon bewunderungswürdigen Formenkenntnis entspricht noch nicht die 
Beherrschung der technischen Mittel. 
In einzelnen Selbstbildnissen, besonders in dem vom breitkrämpigen Hute 
maleriscn beschatteten Gesichte von 1631 (B. 7) beginnt er|schon die Schatten 
tiefer und weicher als farbige Tonwerte zu behandeln und mit dichteren, 
feineren Arbeiten in das Licht überzuführen. Rembrandts große Kunst der 
Raumgestaltung kommt in einigen kleinen Darstellungen aus der Kindheit 
Christi vom Jahre 1630, in der kleinen Darbringung im Tempel (B. 51), im 
Christus unter den Schriftgelehrten (B. 66) und in der Beschneidung (B. 48) 
schon höchst eindrucksvoll zur Geltung. Die Komposition ist noch nicht voll 
kommen abgewogen und klar, der Gesamtton matt und etwas eintönig, einzelne 
Formen weichlich und leer, aber der Raum gewinnt schon in diesen kaum 
fingerhohen Bildchen eine Ausdehnung, die uns weit über die Dimensionen des 
Bildes, fast auch der Wirklichkeit hinauszuheben scheint. Ein großer Teil der 
gewaltigen Wirkung Rembrandtscher Darstellungen beruht auf dieser seiner 
rätselhaften Kunst, den geschlossenen Raum phantastisch, wie in der Vorstellung 
des Fiebernden, sich erweiternd erscheinen zu lassen. 
Nach diesen in der großen Mehrzahl nur skizzenhaften Studien der ersten 
Jahre seiner stecherischen Tätigkeit geht Rembrandt schnell zu mehr bildmäßig 
abgerundeten und bis ins einzelne farbig ausgeführten Kompositionen über. 
In dem Rattengiftverkäufer von 1632 (B. 121, s. Abb.) sucht er zum ersten 
Male seine Typen aus dem Volksleben bildartig zu umrahmen. Ja es scheint, 
daß in diesen Jahren, 1632—1634, das Problem wirkungsvoller Gruppen 
kompositionen ihn ganz besonders beschäftigt hat, so stark, daß er darüber die 
technische Ausführung solcher Werke, bei denen es ihm wesentlich auf diese 
Studien ankam, vernachlässigte oder Schülern überließ. So erklären sich wohl 
am leichtesten die Schwächen in einer Reihe von Stichen dieser Jahre, die man 
deshalb vielfach dem Meister absprechen zu müssen gemeint hat. Es sind 
das besonders der barmherzige Samariter von 1633 (B. 90), die [große Auf 
erweckung des Lazarus (B. 73) und [die große Kreuzabnahme (1633 cum privi- 
legio, B. 81). Auch die Komposition des Ecce homo (B. 77, cum privilegio, 
datiert 163 5 oder 1636), das fast ganz von Schülern ausgeführt ist, fällt sicher 
in diese Zeit. Ohne Zweifel sind nicht nur die Kompositionen, die er zum Teil 
auch in Bildern verwertet hat, von Rembrandt entworfen, sondern auch die
	        
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