Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

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seinen Platz finden. Herkules Seghers (geh. 1589, gest. in Amsterdam um 
1645), hat, wie es scheint, sein starkes Talent in seinen Werken nicht voll 
zu betätigen und zu entfalten vermocht. Er stellt mit großer Kunst der Ton 
abstufung holländische Flachlandschaften von überraschender Tiefenwirkung, 
wilde Gebirgsgegenden oder phantastische Felsen- und Baumbildungen von großer 
Originalität und von zwingender künstlerischer Wirkung dar. Unter den großen 
Landschaftsmalern gebührt ihm ein hervorragender Platz. Seine ungefähr 
60 Radierungen, deren Technik außerordentlich mannigfaltig und kompliziert 
ist, waren, wie ihre außerordentliche Seltenheit vermuten läßt, kaum für die 
Veröffentlichung bestimmt. Die erhaltenen Abdrücke, z. T. auf Leinwand, haben 
ganz den Charakter von Versuchs- oder Probeabzügen. Es scheint Seghers dabei 
besonders auf die Wirkung farbiger Tinten, mit denen er die Platten auf ge 
tönter Leinwand oder auf Papier abdruckte, angekommen zu sein. Die einzelnen 
Abdrücke hat er dann meist selber noch mit dem Pinsel überarbeitet, um ihnen 
ein ganz farbiges, bildmäßiges Aussehen zu geben. Wenn Seghers auch weder 
mit verschiedenen Farbenplatten noch mit einer verschiedentönig eingefärbten 
Platte gedruckt hat, wie man bisher annahm, wenn er also auch nicht zu den 
Erfindern des Farbendruckes gezählt werden darf, so hat er doch zuerst dem 
Farbendruck ähnliche Wirkungen zu erzielen verstanden. Rembrandt muß sich 
für die Werke dieses eigentümlichen Künstlers lebhaft interessiert haben. Er 
hat sogar eine seiner Platten überarbeitet. 
Rembrandt verdankt auch diesen Vorläufern kaum mehr als Anregungen. 
Als Radierer hat er sich jedenfalls ganz selbständig, fast autodidaktisch aus 
gebildet und alle Schwierigkeiten der Technik durch eigene Versuche über 
wunden. Seine frühesten bekannten Radierungen aus dem Ende der zwanziger 
und dem Anfänge der dreißiger Jahre, denen ohne Zweifel noch andere Ver 
suche vorhergegangen sind, haben durchaus den Charakter von Studien, von 
leichten Skizzen im Fluge festgehaltener Eindrücke aus seiner Umgebung. Die 
beiden frühesten datierten Brustbildnisse seiner Mutter von 1628 (B. 325 und 
3 54) scheinen später von ihm überarbeitet worden zu sein, das Selbstbildnis von 
1629 (B. 358) hat ungewöhnlich große Dimensionen und ist in eigentüm 
licherweise mit dicken, groben, gespaltenen Strichen, für die sich kein zweites 
Beispiel findet, fast übermütig hingeworfen. Aus den Jahren 1630—1632 liegt 
eine ganze Reihe datierter Blätter vor, zum größten Teil Studien nach Ge 
stalten der Straße, Bettler und Charakterköpfe, besonders aber Beobachtungen
	        
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