Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

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Vorläufig ist nun aber die Anlehnung an die Formen und Vorbilder der 
italienischen Kunst so stark, daß die Selbständigkeit der durchgehends auch 
wenig bedeutenden französischen Stecher noch sehr gering bleibt. Einige Künstler 
französischer Nationalität sind deshalb mit mehr oder weniger Berechtigung 
immer ohne weiteres zur italienischen Schule gerechnet worden. Stecher wie 
die beiden Lothringer Nicolö Beatricetto aus Luneville und Nicolö della Casa 
gehen in der Tat vollständig in der italienischen Schule auf (s. oben S. 271). 
Dagegen ist der französische Stilcharakter eines anderen Stechers, der bisher fast 
immer als Italiener galt, neuerdings mit Recht zur Geltung gebracht worden. 
Seiner stecherischen Ausbildung nach ist Georges Reverdy aus Lyon, den man 
bisher Gasparo oder Cesare Reverdino zu nennen pflegte, allerdings durchaus 
Italiener, er ist auch sicher in Turin tätig gewesen und hat mehrere Blätter nach 
italienischen Vorbildern gestochen. Erst später, als er sich in Lyon und Paris 
angesiedelt hatte, tritt in der Wahl der Gegenstände und in den Kompositionen 
mit kleinen Figuren und reichen Architekturhintergründen und auch in den 
Formen das französische Element stärker hervor. Ein Stich seiner italienischen 
Manier ist 1531, einer in seinem späteren Stil 1554 datiert. 
Reverdy hat ah einer Folge von kleinen, runden Stichen mit Darstellungen 
aus dem Neuen Testament mitgearbeitet, die ihm und zwei anderen Lyoner 
Stechern, Jean Gourmont und dem Monogrammisten CG (Claude Corneille?) 
wahrscheinlich von dem Verleger Balthazar Arnoullet in Auftrag gegeben worden 
waren. Von Claude Corneille kennen wir außer anderen Stichen eine Folge 
von recht dürftigen Bildnissen der französischen Könige, die Arnoullet 1564 in 
Lyon unter dem Titel „Epitomes des roys de France“ veröffentlichte. Der 
Maler und Goldschmied Jean Gourmont, der 150b in Paris als Buchdrucker 
und 152 z—152 6 in Lyon als Stecher arbeitet, und von dem der Louvre ein 
feines Bildchen besitzt, folgt ebenfalls italienischen, besonders raffaelischen 
Vorbildern. Seine h. Barbara (R. D. 10) ist nach Marcanton kopiert, die Ver 
lobung der h. Catharina (D. R. 8) gibt eine Komposition Raffaels wieder. Er 
weiß seinen Arbeiten eine gewisse Anmut und Gefälligkeit der Form und seiner 
Technik durch feine enge Strichlagen einen metallischen Glanz zu geben und 
erinnert hierin oft an die deutschen Kleinmeister (s. Abb. S. 331). Gourmont 
hat auch für den Holzschnitt gezeichnet. In diese Gruppe gehört außer anderen 
schwachen Stechern auch Noel Garnier, der zwei Figurenalphabete gestochen 
und einige Blätter nach Dürer, Beham und Pencz kopiert hat.
	        
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