Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

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die beiden Astronomen (ß. 366), die drei Doktoren (B. 404), Amadeus Berrutus 
mit Austeritas, Amicitia und Amor (B. 355) und zahlreiche andere allegorische 
Darstellungen (s. Abb. S. 258). Von dem einzigen Versuch Marcantons im Holz 
schnitt ist schon oben die Rede gewesen. Bei der Plünderung Roms im Jahre 
1527 soll Marcanton seine ganze Habe verloren und sich nach Bologna geflüchtet 
haben, wo er bald darauf gestorben sein muß, denn im Jahre 1534 wird von 
ihm schon als von einem Verstorbenen gesprochen. 
Marcantons hauptsächliches Verdienst für den Kupferstich liegt darin, daß 
er im Anschlüsse an Dürer ein eigenartiges italienisches System der Technik 
ausgebildet hat. Die klar ausgearbeiteten Taillen schmiegen sich in freier 
Rundung der Form an und schließen sich zu beweglichen Tönen zusammen, 
durch die die Formen plastisch gestaltet und die farbigen Gegensätze heraus 
gehoben und verbunden werden können. Durch diese mannigfaltigen Töne der 
geschlossenen und doch durchsichtigen Schattenmassen ließen sich Raum- und 
Farbenwirkung der Gemälde bis zu einem gewissen Grade treu wiedergeben. 
Im Gegensätze zu dem wesentlich zeichnerischen Stil des älteren italienischen 
und des deutschen Kupferstiches, der die Formen von vornherein auf die line 
aren Elemente reduziert, wird hier zum ersten Male in bewußter Absicht die 
Wiedergabe von Werken der monumentalen Kunst mit ihren spezifischen Wir 
kungen erstrebt. Von Marcantons Technik nimmt daher der Reproduktions 
stich seinen Ausgangspunkt. Sein Einfluß ist äußerst tiefgehend und weit 
greifend gewesen. Man kann vielleicht sagen, daß Dürer der Lehrer, Marc 
anton das Vorbild für die Stecher der folgenden Generationen geworden sei. 
Schon in Bologna hatte Marcanton in Jacopo Francia (geb. vor 1487, 
gest. 1557), einem Sohne seines Meisters Francesco Francia, einen Genossen 
und Nachahmer gefunden. Die mit J. F. bezeichneten Stiche, die man, wie 
einige unbezeichnete gleichartige Blätter, für Arbeiten Jacopos ansieht, schließen 
sich meist der früheren Manier Marcantons an, sind aber besser gezeichnet und 
weicher und zarter gestochen und deshalb ohne Zweifel später entstanden als 
Marcantons frühe Bologneser Stiche. Als Jacopos vorzüglichste Arbeit kann man 
die Lucretia (B. 4) bezeichnen; ein früheres Werk scheint der Bacchuszug (B. 7) 
zu sein, der noch etwas strenger und steifer behandelt ist. Unter den späteren 
Stichen, die Francia zugeschrieben werden, befinden sich Kopien nach Marc 
anton, wie Christus beim Pharisäer Simon (Pass. 8). 
Eine eigentliche Schule scheint sich um Marcanton erst in Rom gebildet
	        
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