Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

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Die Buchillustration bleibt in Frankreich mehr als in allen anderen Ländern 
von der Miniaturmalerei abhängig. Offenbar sollten die Bilder im allgemeinen 
erst durch die Bemalung ihre Vollendung erhalten und waren ursprünglich kaum 
als mehr denn eine bequeme Vorzeichnung für den Miniator gedacht Man 
sucht durch die Masse der Bilder und vor allem durch die große Finesse der 
Arbeit und durch den Reichtum der Zierstücke den Mangel an Erfindung und 
Originalität der Formengebung zu ersetzen. Überhaupt besteht in der zierlichen, 
geschmackvollen Ornamentik der Hauptreiz der französischen Buchausstattung. 
Die französische, halbgotische, sogenannte Bastard-Type, die hier erst sehr spät 
durch die römische Antiqua ersetzt worden ist, gibt an sich schon ein sehr zier 
liches, abwechslungsreiches Satzbild. In den großen Initialen auf den Titeln 
und an den Anfängen der Kapitel sind die Zierbuchstaben der Manuskripte mit 
ihrer reichen Kalligraphik, mit Tier- und Menschengestalten oder Köpfen 
geschickt nachgeahmt. In den Leisten und Umrahmungen sind die Pflanzen 
formen sehr naturgetreu und wenig stilisiert; sie werden häufig durch eingefugte 
Gestalten, Mischbildungen aus Tier- und Menschenleibern in der Art der 
Drolerien, die wir aus Miniaturen und Reliefs kennen, belebt. 
Die ersten rein französischen Illustrationen finden wir in dem schon er 
wähnten, von Jean Dupre in Paris am i. September 1481 vollendeten Missale 
Parisiense, im Missei de Verdun, vom z8. November 1481 und in Boccaccios 
Gas des nobles hommes et femmes von 1484. Von Dupres illustrierten Drucken 
sind außer einer Reihe liturgischer Werke hervorzuheben die französische Aus 
gabe von Boccaccios „Cent nouvelles“, 1485 für Antoine Verard, die „Vie des 
Saint Peres“ (1486), die er 1493 wieder mit anderen Bildern druckte, Vora- 
gines „Legende doree“ (1489), Augustinus’ „Cite de Dieu“ 1486 bis 87 in 
Abbeville gedruckt, und einige Ritterromane, wie der „Roman des Chevalier 
de la Table ronde“, von dem Bourgeois in Rouen 1488 den ersten Band ge 
druckt hatte. Beachtenswert ist, daß Dupre in seinem Missei de Limoges von 
1484 sagt, es sei: „Venetica forma per Venetos arte impressoria magnificos] et 
valde expertos completum.“ Nächst Jean Dupre ist Pierre Le Rouge, einer der 
ersten Drucker, die auf reiche und geschmackvolle Ausstattung ihrer Bücher 
größeren Wert legen. Sein Hauptwerk und überhaupt wohl das am reichsten 
illustrierte französische Buch des XV. Jahrhunderts ist die zweibändige „Mer des 
histoires“ von 1488 bis 89 (s. Abb. S. 109 u. 117). Wie den Inhalt seiner Erzäh 
lungen so entnimmt dieses Werk auch die Kompositionen vieler Bilder dem 1475
	        
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