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Klassische Kunstarchäologie. III. Angewandte Archäologie«
vor dem Gesichte. 1 ) Auch hat Selene den Nimbus. 2 ) Statt Selene kommt
eine gelbe Scheibe mit ’weissem Gesicht vor, weil schon die Griechen,
worüber Plutarch in einer eigenen Schrift handelt, ein Mondgesicht zu
erblicken glaubten. 3 )
Eos-Hemera geht dem Helios auf einem Vier- oder Zweigespann
oder einem Reitpferde 4 ) voran und besitzt gleichfalls oft ein Flügelpaar,
die Strahlenkrone oder die Sonnenscheibe, die über ihr schwebt. 5 ) Weil
mit der Zeit der Morgenröte der Thaufall zusammentrifft, giesst sie ein
mal im Fluge Thau aus einem Kruge. 6 ) Die Maler gaben ihr ohne Zweifel
einen rosigen oder gelblichen Schein. 7 ) Eos begleitet der Heosphoros,
welcher mit einer Fackel vor ihr herreitet; 8 ) mit diesem bildet der schöne
Hesperos ein Paar, das den Dioskuren gleicht. 9 ) Auch andere Sterne er
halten menschliche Gestalt, z. B. die von Knaben, die vor Eos tauchend
in das Meer stürzen. Die Sternbilder sind erst spät personifiziert worden. 10 )
Der Eos-Hemera steht gegenüber Nyx, 11 ) auf welche schon eine Statue
des Rhoikos und eine Figur des Kypseloskastens gedeutet wurden. Die
Dichter schreiben ihr dunkle Gestalt, schwarze Flügel und eine Fackel zu;
sie wird einmal beschrieben „mit kleiner Fackel nur sich selbst beleuch
tend.“ 12 ) Ein Miniaturenmaler von Konstantinopel gibt ihr die umgekehrte
Fackel. 13 )
Unter den seltenen Erscheinungen der Natur ist jederzeit Iris am
liebsten gesehen worden; 14 ) doch war ihr Wesen schwer abzubilden. Mögen
die Maler versucht haben, das Farbenspiel nachzuahmen, ihre Gestalt be
sitzt in der Plastik nichts anderes als die Flügel, 15 ) weil sie seit Homer
für windschnell gilt. In ihrer Eigenschaft als Götterbotin führt sie Kery-
keion und Flügelschuhe. Iris hat genealogische Verbindungen mit den
Winden; die Windgötter reiten, laufen oder fliegen nach den Dichtern.
Ihr Wesen zeigen manchmal aufgeblasene Backen an. 16 ) Unter den Winden
*) Eckhel, num. anecd. T. 8, 4; Guigni-
atjt, religions de l’ant. T. 74, 821 d; Ste
phani S. 58.
2 ) Stephani, Nimbus S. 57 f. u. CR. 1860
S. 43 ff.; Heydemann, Vasensamml. Nr. 3221.
3 ) Vasen: CR. 1860 T. 3, 3; Gerhard,
Lichtgotth. IV 8 = El. cer. II 118.
4 ) Samml. Sabouroff I T. 63; A. 1878
T. G; Altar von Pergamon; Flügelgespann:
Stephani, Nimbus S. 62; Bnap. n. s. V T. 10,
9; Zweigespann: Verg. A. 7, 26; vgl. Od. ip
243 f.; reitend: Apul. met. 5, 11, vgl. 3, 1.
5 ) Stephani a. 0. S. 62.
6 ) Millingen, anc. mon. 6 = Roschers
Lex. 1, 1257; vgl. Silius 1, 576. Eine solche
Figur trägt am Panzer des Augustus die
personifizierte Morgenröte (mit Fackel) auf
dem Rücken.
7 ) Lutea Verg. A. 7, 26; Ov. met. 7, 703.
13, 579. fast. 4, 714.
8 ) Mit Aphrodite: Helbig, Wandgem.
964—8. Geflügelt im Dithyrambos des Ion.
9 ) Robert, Sarkophagrel. II 11; A. 1869
T. F; Clarac 210, 42.
]0 ) O. Rossbach, griech. Antiken S. 30 ff.;
Al. Riegl, Mitt. d. Inst. f. öst. Geschichts
forschung 10, 1 ff. Vgl. Nonn. Dion. 1, 163 ff.
Über die Wochentage s. J. de Witte, les
divinites des 7 jours de la semaine, Paris
1879, m. 4 T. Auf Münzen von Karthaia
bedeutet ein Hund mit Nimbus den Sirius:
AZ. 1848 T. 41, 13.
n ) Zweifelhaftes bei Stephani, der aus
ruhende Herakles S. 29.
12 ) Philostr. jun. im. 5. Auf einem Wagen:
Tibull. 2, 1, 85.
13 ) Millin, gall. myth. 89, 353.
14 ) Max.Mayer, Roschers Lex. 2, 339 ff.;
K. Friederichs, de Iride dea veterum arti-
ficum monumentis illustrata, Diss. v. Göt
tingen 1892.
15 ) Parthenonfries; 11. A 185; Hymn. Hom.
5, 315; ungeflügelt: Hymn. in Cer. 317; lue
tische Vase (Wiener Vorlegebl. VIII 7);
Fran9oisvase; angeblich im Ostgiebel des
Parthenon.
16 ) MB. 12, 32 = Zahn, Ornamente III
4; Heydemann, Hall. Winckelmannspr. 1876,
16 ff.