Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. III. Angewandte Archäologie. 
zu reden, zu denen die Fanatiker gehören, wollen nicht wissenschaftlich 
sein; dagegen gab ungefähr gleichzeitig Heinse das Muster einer bei 
allem Enthusiasmus anschaulichen Beschreibung. Innerhalb der Archäo 
logie begründete erst das Katalogmachen (S. 38) die wissenschaftliche 
Form der Beschreibung. 
384. Die Kritik trifft, wie gesagt, teils das Ganze teils Zuthaten, 
indem sie dasjenige, was dem Altertum entstammt, von den Erzeugnissen 
der späteren Zeitalter scheidet. In ersterer Beziehung muss sie unfrei 
willigen Irrtum und absichtliche Fälschung aufdecken. Um mit den 
Bauten zu beginnen, gelten in Griechenland so manche Steinanhäufungen 
(gegcToixoi) und Feldbefestigungen der aufständischen Albanesen und Griechen 
(tamburia) für alt, z. B. der „Altar des Zeus“ (eine Einfriedigung zu 
Ehren des hl. Elias) auf dem Helikon und die Steinhäuser auf dem Ocha. 
Bauten (besonders Schutzbauten) des Mittelalters heissen „prähistorisch“, 
während die Burgringe in Böhmen bis etwa zum 13. Jahrhundert nach 
weisbar sind; 1 ) aber auch der Unterschied zwischen römischen Bauten 
und dem „Romanum opus“ der germanischen Reiche, zwischen spätrömi 
schen und fränkischen Burgen Griechenlands 2 ) wird nicht immer sogleich 
deutlich sein. Die „Römerbrücke“ von Cividale hat ein deutscher Stein 
metz im 16. Jahrhundert erbaut. Realistische oder etwas sentimentale 
Werke des Altertums, wie der Schleifer, die Klytia, Medusa Ludovisi und 
andere sind von hervorragenden Kennern der Renaissance zugesprochen 
worden; 3 ) thatsächlich arbeitete Federighi damals in alter Manier. 4 ) Die 
Zahl der für antik gehaltenen Bronzen der Renaissance ist nicht unbe 
deutend; 5 ) ein Silbergefäss des Cellini wurde Schon bei seinen Lebzeiten 
für antik verkauft. 6 ) Bronzene und eiserne Figuren des 14. und 15. Jahr 
hunderts, besonders wilde Männer („zotteten Mendel“), sind schon als gallische, 
germanische, persische und altböhmische Arbeiten veröffentlicht worden. 7 ) 
Enkaustische Versuche der Schule von Fontainebleau (Ende des 16. Jahr 
hunderts), wie die „Kleopatra“ von Sorrent und die „Muse“ von Cortona 
galten vielen als antik. 8 ) Um endlich zwischen antiken und mittelalter 
lichen Elfenbeinarbeiten zu scheiden, bedarf es grosser Erfahrung. 9 ) Aus 
Geringschätzung der Inschriften sind schon Gemmen mit den Inschriften 
1IIXJEP oder CARLO COSTANZI wegen ihres Stiles unter die antiken 
eingereiht worden. 10 ) 
Weit grössere Schwierigkeiten bereitet die absichtliche Fälschung, 
welche mit dem Handel untrennbar verbunden scheint. Sie beginnt bereits 
Vgl. Sedlacek, Mitt. d. k. k. Central- 
comm. N. F. 14, 157. 
2 ) Z. B. auf Penteskuphia (vgl. Cronaca 
di Morea p. 436). 
3 ) Schleifer: Kinkel, Mosaik z. Kunst- 
gesch. S. 57 ff.; Medusa: Herm. Grimm, AZ. 
30, 42; Marmorbüste der Glyptothek Nr. 238 
(s. Brunn's Katalog); Relief mit Elementar 
gottheiten: vgl. AZ. 22, 178. 
4 ) Bode, ital. Plastik S. 114. 
5 ) Kolossaler Pferdekopf in Neapel (nach 
Winckelmann griechisch): Filangieri, Ga. 
9, 15 ff.; etwas „pompejanisches“: Ga. 8, 
177 ff. T. 30. Vgl. Mulinier, les bronces de 
la renaissance. 
6 ) Vita di B. Cellini III K. 3. 
7 ) Longperier, Ra. 2, 500 ff. 
8 ) S. 480; Ga. 3, 42. Auch Winckel 
mann wurde einmal getäuscht (Werke 5, 
452 ff.). 
9 ) Garrucci, B. 1860. 
10 ) Auch BVRCH F., WRAV FEC.; 
MARC BANT. F. (ROMAE).
	        
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