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Klassische Kunstarchäologie. II. Geschichte der alten Kunst.
lässig, wovon S. Sabina in Rom mit seinen leider zerschmetterten Cy-
pressenthüren ein altes figuriertes Beispiel bietet. 1 )
Zu einem vornehmen Bau wirken nun Baumeister, Steinmetzen, Erz
bildner, Wölber (camerarum rotatores), Stukkateure (gypsoplastae) und Mo
saikarbeiter mit; 2 ) den Maler kann man entbehren. Nichts bezeichnet
mehr den Wandel der Zeiten als dass Constantius im Jahre 857 den per
sischen Baumeister Hormisdas bei sich hatte. Justinian verfügte beim
Bau der Sophienkirche über kleinasiatische Architekten, Anthemios von
Tralles, Isidoros von Milet und Ignatios. 3 ) Über die Klasse der Stein
metzen geben die Yersetzmarken (S. 294) Aufschluss und zwar zeigen sie,
dass Griechen den Palast Diokletians erbauten und die gleiche Schule in
Konstantinopel, zu S. Vitale in Ravenna und in Parenzo arbeitete. In
Rom dagegen hielt man auf die alten Überlieferungen und empfahl den
Architekten das Studium des Alten. 4 ]
879. Schliesslich sei noch ein Überblick über die ansehnlichen Bau
werke jener Zeit gegeben. Die Privatgebäude sind nur durch Beschrei
bungen bekannt, müssen aber sehr prunkvoll gewesen sein; 5 ) „vivimus
quasi altera die morituri (sagt Hieronymus) 6 ) et aedificamus quasi semper
in hoc saeculo victuri. 11 Von den Kaiserpalästen geben die Ruinen in
Salona-Spalato (S. 161) einen gewissen Begriff; die Kaiserburg von Kon
stantinopel 7 ) erlitt viele Veränderungen, wovon wohl die meisten im Wett
streite mit den Chalifen geschahen. Im neunten Jahrhundert lässt der
Kaiser Theophilos einen Palast nach dem Muster der syrischen bauen 8 )
und bald darauf wohnt der Makedonier Basilios in der herrlichsten Resi
denz. 9 ) Die Patriarchate blieben in äusserem Glanze nicht viel hinter den
Kaiserschlössern zurück. 10 ) Die grossen Grabbauten sind besser bekannt;
sie erhalten unter den christlichen Pürsten die Eigenschaft von Grab
kapellen. Ravenna hat die Kapelle der Galla Placidia (S. 785) und das
Grab Theodorichs aufzuweisen; bei Ephesos steht das „Lukasgrab“; 11 ) die
Gegend von Oran besitzt aus dem 5. und 6. Jahrhundert eigenartige Grab-
mäler (djedar) nach dem Typus des „Grabes der Christin“. 12 )
Auf dem Gebiete der öffentlichen Bauten erwiesen sich auch die
Kaiser nach Diokletian sehr thätig, nur wendeten sie gerne älteres Mate-
und an der Kanzel von St. Peter (Soldi, arts
möc. S. 75) einzureihen.
9 J. J. Berthier, la porte de St. Sabine,
Jnd. 1. v. Freiburg i. Schw. Sommer 1892, m.
Abb. (nach ihm unter Coelestin I. vielleicht
von Petrus Illyricus gearbeitet); Jahrb. der
preuss. Kunsts. 1898 H. 2/8; nach Kraus,
Kepert. f. Kunstw. 17, 50 sind die Felder
Nr. 15 und 17 später und oströmisch. In
Tyros liess der Bischof Paulinus im Jahre
314 sehr schöne geschnitzte Altarschranken
machen.
2 ) Cassiod. var. 7, 5.
3 ) Über die ostgothischen Verhältnisse:
Cassiod. var. 7, 15.
4 ) Cassiod. a. 0. a. E.; Symmachus „anti-
quorum diligentissimus imitator“ (Cassiod.
var. 4, 51). Darum ist uns Vitruv erhalten.
5 ) Anicierpalast in Rom: Secund. ep. 3
(Corpus script. eccl. 25,895); Symmachus:
A. 4; vgl. Sulp. Sev. v. S. Mart. 17, 5. 19, 4.
Über das südliche Frankreich belehren Auso-
nius und Apollinaris Sidonius.
6 ) Epist. II 18.
7 ) S. 98; Labarte, le palais imperial
de Constantinople, Paris 1861; D. Beljajev,
Byzantina I., Petersb. 1891 (Mem. de la soc.
archeol. russe V.).
8 ) Biographie K. 9.
9 ) Biographie von Konstantinos Por-
phryrogennetos K. 89.
10 ) Treppe von 72 Stufen: Mazaris p. 141.
1 ] ) Simpor, Tr. b. a. 6, 323 ff.; Weber
das. 7, 226 ff.; Falkener das. 7, 241 ff.
12 ) De la Blanchere (§ 184).