Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. XI. Die oströmische Zeit: Erneute Herrschaft des Orients. (§ 876.) 7 81 
Jahrhundert an und wir können vorläufig den eigenartigen Stil der mehr 
kühnen als schönen Bilder nicht anders fixieren.*) Sehr zahlreich sind die 
eigentlichen Malereien, unter welchen jedoch wieder die Titelblätter und 
ähnliche ganz dekorativ gehaltene eine besondere Gruppe bilden; weil das 
rechteckige Blatt einer Wand gleicht, erinnern auch die Bilder häufig an 
Wandmalereien. Endlich betrachten wir die schwarz belassenen oder ko 
lorierten Federzeichnungen als blosse Skizzen. Ausgegangen ist die Minia 
turenmalerei von der Verschönerung der beliebtesten Dichter. Kein Wunder, 
dass die ältesten erhaltenen Bilderhandschriften den Text des Vergil * 2 ) 
und Homer 3 ) enthalten. Bald wurde jedoch die Profanlitteratur höchstens 
mit einem Titelblatte bedacht. 4 ) Zumeist nur Erläuterungsbilder, deren 
Zweck und Wert nicht künstlerisch, sondern sachlich ist, verschönern die 
Wiener Prachthandschrift des Dioskorides, 5 ) die Arat- und Nikanderhand- 
schriften, 6 ) Kalender, 7 ) Geographien, 8 ) Orakelbücher 9 ) und dgl.; es ver 
steht sich, dass diese Erläuterungen wie Scholien, so gut es ging, aus den 
älteren Vorlagen kopiert wurden. Nicht ohne Widerspruch drang die 
Miniaturenmalerei in die Bibel ein, 10 ) aber schon im vierten Jahrhundert 
scheint eine feste Tradition, die in einer textlosen Biblia pauperum gesucht 
wird, ausgebildet gewesen zu sein. 11 ) Derartige Bilderfolgen beschreiben 
in der That Prudentius (im Dittochaeon) und Rusticus Helpidius (in den 
Historiarum testamenti veteris et novi libri); man darf annehmen, dass 
die Buchmaler so gut ihre Anweisungen besassen, wie einst die Wand 
maler (S. 745). 12 ) Daher muss man die Handschriften nach ihrem Inhalte 
] ) Vatie. Pal. 405: Gaeeucci III T. 157 
—67; d’Agincouet V 28 (das Ganze ver 
kleinert). 29. 80; Proben: Pal. Soc. T. 108 
u. Beissel T. 4. Nach Koedakoff a. 0. 1, 
95 f. aus dem 5./6. Jahrh. 
2 ) Aus dem IV./V. Jahrh. im Vatikan, 
Cod. Lat. 8867: gestochen von P. S. Bartoli, 
Rom 1782 (picturae antiquissimae Virg. cod. 
Vat.); Proben: Palaeograph. soc. T. 114; 
Beissel T. III A; etwas jünger Vatic. Lat. 
3225: gestochen von Bartoli, Rom 1725 (P. 
Virg. Mar. opp.). 1741 (antiquissimi codicis 
Virgil, fragm.); Proben: Palaeograph. soc. 
T. 117; Beissel, T. I. IIB; Aime Champollion, 
le rnoyen äge II T. 1 (farbig). 
3 ) Aus dem 5. (?) Jahrhundert in der 
Ambrosiana zu Mailand: Mai, Homeri Iliados 
picturae ant. ex codice Mediol. bibl. Ambros., 
Rom 1835; Proben: Pal. Soc. T. 39. 40. 50. 
51; vgl. Heydemann, Mitteil. S. 33 f. 
4 ) Dionys von Halikarnass, in der Chi- 
giana s. X: Moktfaucon, T. zu S. 24; Lu- 
xorius (Anthol. Lat. 226 B.) sagt von dem 
Titelblatt seines Büchleins: Carmen namque 
tuum duplex Victoria gestat. 
5 ) Wahrscheinlich am Anfänge des 6. 
Jahrhunderts für die Prinzessin Anicia Juliana 
geschrieben (Lambecius, comment. II 2 119 
— 265): Widmungsbild farbig bei Labaete, 
arts industr. T. 78 (einem Gobelin nachge 
ahmt); Porträts griechischer Ärzte, abg. bei 
Louandee, les arts somptuaires u. Heetzbeeg, 
byzant. Gesch., T. zu S. 74, sonst Pflanzen 
bilder; bescheidenerer Codex auf dem Athos: 
Cuezon, Besuch in d. Klöstern der Levante 
S. 194. 
6 ) Sternbilder Arats: Bethe, Rhein. Mus. 
N. P. 48, 91 fl.; Nikander, Paris suppl. gr. 
247 s. XI: Ga. I T. 18. II T. 11. 24, vgl. 
Bethe a. O. S. 97. 
7 ) Kalenderbilder des Chronographen 
vom J. 354, her. v. Stezygowski, Berlin 
1889; J. Stezygowski, d. Monatscyklen der 
byz. Kunst, Repert. f. Kunstw. 11, 23 ff.; über 
die Texte Beuno Keil, Wiener Studien 1888, 
94 ff. 
8 ) Handschrift des Ptolemäus in Vato- 
pedhi: Langlois, geographie de Ptolömee, 
Paris 1867. 
9 ) Theophan. contin. p. 36, 1; über Hand 
schriften des Kaisers Leo des Weisen (886 
—911) s. Geaux, Archives des miss. sc. s. 
III Bd. 6, 218 f. 
10 ) Hieron. Hiob praef. Über Bibelillu 
strationen Bkockhaus, Kunst in d. Athos- 
klöstern S. 169 ff. 
n ) De Waal, das Kleid des Herrn auf 
den frühchristl. Denkmälern, Freiburg 1891, 
m. 2 T., vgl. auch Rumohe, ital. Forschungen 
1, 166 f. 
12 ) Beegee, Mem. de la soc. nat. des 
antiq. de France 1893 LII. bezieht darauf
	        
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