Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. II. Geschichte der alten Kunst. 
in Platten geschnitten, an Fussböden und Wänden l ) verwendet werden, 
müssen im Vereine mit der Vergoldung der Decken 2 ) und Dächer, 3 ) den 
Figuren aus Metall, Elfenbein, Erz und Bernstein, den bunten Teppichen 
Syriens und Babyloniens und den Mischkrügen, Altären, Räucherpfannen 
und Kandelabern aus korinthischem Erz einen märchenhaften Eindruck 
gemacht haben, welchem der Anblick altchristlicher Basiliken vielleicht 
am nächsten kommt. 4 ) Bei grossen Festen, z. B. bei der Feier der Apo 
theose wurde der Schein noch höheren Glanzes entfaltet. 5 ) 
358. Von den künstlerischen Gewerben blühten durch den 
Luxus der Kaiserzeit am meisten die Steinschneidekunst, die Juwelier 
arbeit und das Ciselieren. Die erstere hat gewiss den weitaus grössten Teil 
der Gemmen hervorgebracht, die sich in unseren Sammlungen befinden. 6 ) 
Die Graveure (gemmarii) haben häufig ihre Namen eingegraben; danach 
können wir sagen, dass die Mehrzahl aus Griechenland stammt, wie Try- 
phon und Dioskorides. Auf einer berühmten Gemme steht der Name des 
Phrygillos. 7 ) Es ist nicht zu verwundern, dass die atticistische Richtung 
unter jenen Griechen ihre Vertreter hatte; Aspasios schnitt nämlich einen 
grossen Stein nach dem Muster der Athena des Pheidias (S. 595). Gegen 
das Ende der römischen Republik wurde das Sammeln von geschnittenen 
Steinen eine wahre Leidenschaft. Schon Sulla’s Stiefsohn Scaurus besass 
eine Daktyliothek und andere wie Lucullus, Pompejus, Caesar und Mar 
cellus weihten solche den Göttern. Man trug am Finger viele Ringe und 
der höfliche Mann machte über die schöne Gemme ein Kompliment. 8 ) Er 
haben geschnittene Steine dienten nur zur Zier; 9 ) darunter befinden sich 
Prachtstücke wie der „Cameo des Augustus“ in Wien 10 ) und der Pariser 
mit der „Familie des Tiberius“. 11 ) Doch wurde den Kaisern noch verargt, 
edelsteinbesetzte goldene Gürtel und Spangen zu tragen. 12 ) Das Porträt 
fach wurde auch hier nicht vernachlässigt, denn Aristokraten trugen gerne 
das Bild eines berühmten Ahnen, loyale Bürger das des Kaisers auf dem 
Ringe. 13 ) Ein hervorragendes Bild ist das von Titus’ Tochter Julia, wel 
ches Euodus fertigte. 14 ) Gelegenheitsarbeiten, wie satirische Karrikaturen, 15 ) 
entsprechen den Genrebildern. Die Kunst wird in diesen Privatliebhabe 
reien durch den Aberglauben beeinträchtigt, indem astrologische Bilder 
an Steinen angebracht werden 16 ) oder Ungeheuer und Symbole nach Art 
! ) Basilica des Junius auf dem Esquilin: 
Boom. XXI T. 2-5. 
2 ) S. 887; Paus. 1, 18, 9. Vgl. Plut. 
Public. 15; Stat. silv. 1, 8, 84 ff. 4, 2, 5, 43 ff. 
3 ) S. 329; delubra micantia Rutil. 1, 95. 
4 ) Statius silv. 1, 3; Tibull. 3, 3,16; Sen. 
ep. 90; Lucan. 10, 112; Seneca Anth. Lat. 
53 B.; Dions Rede 79 (über den Reichtum) 
u. 7, 117; Lucian. Nigr. 23; zum Kontrast s. 
Suet. Aug. 72. 
5 ) Herodian. 4, 2, 7, 
6 ) S. 241 ff.; Wieseler, über einige be 
achtenswerte geschnittene Steine des 4. Jahr 
hunderts n. Chr. I. drei Cameen mit Triumph 
darstellungen, Göttingen 1883, II 1. d. Ca 
meen, 1884, II 2. Intaglien, 1885. 
7 ) Über die Inschriften S. 245. 
8 ) Tibull. 1, 6, 25. 
9 ) S. 195. Grosse Stücke für Reiche: 
Juven. 1, 29. 
10 ) Mongez, icon. rom. T. 19; vgl. Ber- 
noulli, röm. Ikonogr. 2, 262 ff. 
11 ) Mongez T. 26. 
12 ) Herodian. 5, 2, 4. 
13 ) Suet. Tib. 58; vgl. Mongez, icon. rom. 
T. 29, 1. 5; — Ovids Bild: Ovid. trist. 1, 
7, 6 ff. 
14 ) In der Pariser Bibliothek: Lippert 
II 686; Raspe 11521; Cades V 434; vergl. 
Brunn, Künstler 2, 499. 
15 ) Heliogabalus mit Frauengespann: Ra. 
2, 20 m. Abb. 
16 ) Teukros Bab. bei Psellos, parad. 
p. 148, 3 West.
	        
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