Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. IX. Die dritte hellenistische Periode: Königszeit. (§ 340.) 677 
ungewöhnlichen Dimensionen unterlag. Um in Bezug auf das erstere nur 
eines zu erwähnen, das Gemmenschneiden wird durch ihn als Kunst an 
erkannt und Pyrgoteles mit Apelles und Lysippos auf eine Stufe gestellt. 
Das Kunsthandwerk muss ausserordentliches leisten: das Königszelt mag 
hinter dem persischen an Pracht nicht zurückgestanden sein; 1 ) die balsa 
mierte Leiche kommt in einen anthropoiden Sarkophag aus getriebenem 
Golde. * 2 ) Für Alexanders Phantasie war Deinokrates, der Architekt des 
ephesischen Tempels, der rechte Mann; er entwarf ihm den Plan der 
Grossstadt Alexandrien, 3 ) konnte aber die überspannte Idee, den Athos 
umzugestalten, nicht ausführen. 4 ) Alexander gedachte auch, seinem Vater 
Philipp ein Grabmal, das die höchste Pyramide überragte, zu errichten. 5 ) 
Mit des Königs Geld baute Harpalos die prachtvollen Grabmäler in Ba 
bylon und Eleusis, welche noch später Bewunderung erregten. 6 ) Die 
leichtsinnige Prachtliebe der Zeit äussert sich am deutlichsten in vorüber 
gehenden Schaustellungen; ein Historiker beschreibt uns den Scheiter 
haufen Hephaistions als ein Wunderwerk, obgleich derselbe nur wenige 
Stunden stand. 7 ) Hellenismus und Prachtliebe kommen zusammen unter 
dem Zeichen höfischer Kunst; Alexander lässt z. B. einen offiziellen Typus 
schaffen, nach dem er, wie Napoleon I., 8 ) überall gebildet werden will. 
Alexanders Nachfolger bekundeten ihre Legitimität durch treuliches 
Kopieren seiner Art; nichtsdestoweniger musste das Ergebnis sehr ver 
schieden ausfallen, je nachdem ein Reich auf fast jungfräulichem Boden 
oder mitten unter den eingewurzelten Überlieferungen des asiatischen 
Altertums emporwuchs. 
Billigerweise beginnen wir mit Makedonien. Eine unbefangene 
Würdigung alter Zeugnisse ergibt, dass die Makedonier den Griechen für 
Barbaren galten und nur die Könige auf hellenische Abstammung Anspruch 
machten. Das Volk war kriegerisch und allem eher als feiner Bildung 
und schönen Künsten zugethan. So blieb,. so lange eine makedonische 
Nation bestand, die griechische Kultur eine Treibhauspflanze und, als 
durch äussere und innere Schläge die Eigenart des Volkes zerstört 
wurde und Kelten, Illyrier, Thraker die Felder bebauten, 9 ) konnten jene 
Verhältnisse nicht besser werden. Die Könige hatten die kostbarsten Ge 
wänder 10 ) und unendliche Massen verarbeiteten Edelmetalls und Elfen 
beins, 11 ) aber ein Mäcen fehlt unter diesen Soldatenfürsten. Erst ein 
Sohn des letzten Königs dilettiert — zu spät! — in Toreutik und feiner 
Arbeit. 12 ) Bisher sind es hauptsächlich die Münzen, welche einige Vor 
stellung von der makedonischen Kunst geben; 13 ) die weiblichen Göttinen 
Athen. 12, 538 d. 
2 ) Diodor. 18, 26. 
3 ) Strab. 14, 1, 23. 
4 ) Yitr. II praef. 
5 ) Vgl. Pint. Alex. 72. 
6 ) Babylon: Theopompos bei Athen. 13, 
595b; Eleusis: S. 672. 
7 ) Diodor. 17, 114. 
8 ) G. d. b.-a. III 11, 97 ff. 
9 ) Vgl. Liv. 39, 24. 45, 30. 
10 ) Plut. Dem. 39; Ath. 12, 535 f; Pracht 
wagen: Diod. 20, 46, 2. 
n ) Plut. Aem. Paul. 23. 32 f., vgl. Liv. 
45, 33. 
12 ) Plut. Aem. P. 37. 
13 ) Terrakottagruppe aus Pella (Frau 
und Kind): AZ. 4, 208.
	        
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