Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VIII. Die zweite hellenistische Periode: Freiheit der Kunst. (§ 337.) 631 
satz aus: „Wir lieben das Schöne mit Einfachheit und die Bildung ohne 
Schwächlichkeit“, doch handelte er im Sinne der neuen Zeit, indem er 
die Gemeinde in den auf 445 folgenden Friedensjahren zu ausserordent 
lich kostspieligen Bauten veranlasste. Seine Nachfolger mussten, so gut 
es in den Kriegsnöten anging, die gleiche Politik befolgen; Alkibiades 
fordert Glanz nach aussen, damit das Ansehen des Staates steige. l ) Athen 
reizte dadurch andere griechische Städte zu immer prächtigeren Bauten, 
selbst Sparta wurde von Lysander in diesen Wettbewerb hineingezogen. 
Indes gingen die Mittel bald aus, und nach der Schlacht von Leuktra 
kommen die grossen Aufträge fast nur mehr aus neugegründeten Städten 
oder von „Barbaren“. Als Ende setzen wir das Jahr, in welchem das 
persische Reich auf hörte und makedonische Weltherrscher begannen, wo 
durch die sozialen Grundlagen der Kunst eine wesentliche Änderung er 
fuhren. Unterabteilungen erschienen in diesem Falle nicht erspriesslich, 
auch durchkreuzen sich Stimmungen und Meinungen zu sehr, als dass von 
vornherein der Zeitgeist zu schildern wäre. Er spricht deutlich genug 
aus den Arbeiten selbst. 
In jedem der vorausgehenden Abschnitte eröffnete die Plastik den 
Reigen der Künste, weil die Malerei die volle Ebenbürtigkeit noch nicht 
gewonnen hatte. Das vornehme Auftreten Polygnots adelte diese Kunst 
und hob sie weit über die Sphäre der Töpferwerkstätten, wo bisher die 
Malerei zu Hause zu sein schien. Sodann gewann letztere durch die Ver 
bindung mit der Marmorskulptur, für welche grelle Töne nicht passten, 
an Feinheit, und drittens bedarf der Bildhauer, seitdem seine Kunst in 
grossen Giebelgruppen äusserlich kulminiert, malerischen Beirats in der An 
ordnung der Figuren. Endlich hatten die Griechen an Gemeinsinn einge- 
büsst und sich persönlichen Interessen und Stimmungen zugewandt. Die 
Bildhauerei arbeitet aber doch mehr oder weniger für die Allgemeinheit, 
während die Malerei etwas Intimeres hat. Alkibiades schmückt sein 
eigenes Haus mit Gemälden; * 2 ) diese Thatsache kündigt eine neue Seite des 
Kunstlebens an. 
Die Malerei also ist es, welche die meisten Sympathien für sich 
hat und das Interesse der Laien wie der Philosophen erweckt; letztere 
erörtern sie ästhetisch, 3 ) jene beginnen in ihr zu dilettieren, kostet auch 
der Unterricht schweres Geld. 4 ) Dank solcher Gunst des Publikums ist 
über die Persönlichkeiten der hervorragenden Maler einiges zu sagen. Den 
persönlichen Zusammenhang mit der vorigen Generation stellt der jüngere 
Aglaophon, ohne Zweifel ein Verwandter Polygnots, her. Jenen machten 
die zwei Votivbilder berühmt, die Alkibiades nach seinen Wagensiegen 
(Ol. 90 oder 91) malen liess; die allegorische Richtung Aristophons (S. 612) 
ist hier weitergeführt: Olympias und Pythias kränzen den Alkibiades — 
9 Thucyd. 6, 16. 
2 j Angeblich soll schon Themistokles 
einen prachtvollen Speisesaal erbaut haben 
(Klearchos bei Ath. 12, 533 e). 
3 ) Plat. Phaedr. 275 d. sophist. 236 b. 
Oorg. 503 e. 504 a; Alexis $cci<}qos bei Ath. 
13, 562 b u. a. Schon Hippias sprach über 
Malerei und Plastik (Plato Hipp. min. 368, 
maj. 288). 
4 ) Plat. Theages 126 e, vgl. Aristot. 
polit. 8, 3.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.