Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VII. Die erste hellenisierende Periode: Erringung der Freiheit, (8 836.) 627 
teil übten erst jetzt die Bücher der griechischen Sibylle ihre Wirkung 
sichtlich aus. Indem diese Orakel die Einführung hellenischer Kulte ver- 
anlassten, bedingte dies, dass, wenn man den Göttern ein angenehmes 
Heim bieten wollte, die hellenische Tempeleinrichtung zum Vorbilde diente. 
Es ist ausdrücklich überliefert, griechische Künstler, Damophilos und Gor- 
gasos mit Namen, hätten den im Jahre 493 eingeweihten Cerestempel mit 
Wandgemälden und thönernen Giebelfiguren geschmückt; 1 ) das erste eherne 
Bild wurde derselben Göttin acht Jahre später errichtet. * 2 ) Im Jahre 466 
folgt der Hypaethraltempel des Semo Sancus oder Dius Eidius, dessen uns 
durch Nachbildung bekanntes Götterbild, 3 ) ähnlich wie die gleichzeitigen 
griechischen, zwei Attribute vorhält. Den kapitolinischen Tempel beschloss 
nach der Sage schon Tarquinius mit einem thönernen Viergespann zu 
krönen, welches er in Veji anfertigen liess; es sei erst nach der Ver 
treibung fertig geworden, 4 ) doch ist dieser Tempelschmuck vor dem 
vierten Jahrhundert kaum denkbar. Dem Stile nach gehören in diese Zeit 
mehrere Reliefs, welche man ohne Beweis durch Kunstraub aus Griechen 
land gebracht sein lässt. Ich meine den „Leukothearelief“ genannten 
Grabstein, 5 ) die neuerdings gefundene Grabstele vom Esquilin, 6 ) den Grab 
stein aus der Sammlung Borgia, welcher sich jetzt in Neapel befindet und 
das Motiv des Alxenor wiedergibt, 7 ) sodann das Orestesrelief von Aricia 8 ) 
und die sogenannte Penelope in Hochrelief. 9 ) Diese Werke haben in 
Griechenland (besonders im Norden) wohl Analogien, weichen aber in 
Einzelheiten ab; wo ein griechisches Seitenstück vorliegt, wie bei dem 
Grabsteine des alten Mannes in Neapel, ist das Vorbild ziemlich gedanken 
los wiedergegeben. Aricia bot noch einen bronzenen Jünglingskopf. 10 ) Der 
zweiten Generation entsprechende Werke zuzuweisen, wagen wir vor 
läufig nicht. 
Etrurien steht nach aussen auf seiner Höhe. Es kämpft, gelegent 
lich mit Athen verbündet, gegen die Westgriechen in den südlichen Ge 
wässern und imponiert den Hellenen nicht bloss durch die Waffen, sondern 
auch durch sein höheres Wissen und die kunstreichen Arbeiten. 11 ) Grie 
chische Sitten finden, wie die Wandgemälde zeigen, 12 ) immer mehr Ein 
gang; die athenischen Vasenmaler haben hier ihren besten Absatzkreis; 
kleine Figuren wie der schöne Apollo von Piombino (S. 602, i) können durch 
Handel oder als Beute nach Etrurien gekommen sein. 
9 Varro bei Plin. 35, 154; es scheint, 
dass die Wandgemälde auf Thonplatten waren 
wie in den Gräbern von Caere (S. 335). 
2 ) Plin. 34, 15; vgl. Liv. 2, 41, 10. 
3 ) Helbig, Führer I Nr. 361; abgeb. C. 
L. Visconti, Studi e docum. di storia e di- 
ritto 2, 105 ff. 
4 ) Plut. Poblic. 13; Festus u. Ratumena; 
Plin. 42, 160 f. u. A. 
5 ) In der Villa Albani: Phot. Bruckm. 
228; Helbig Nr. 756; Wolters Nr. 243. 
6 ) Helbig Nr. 585; Bcom. 11, 144 ff. 
T. 13. 14; Abg.; die eines Mannes aus den 
sallustianischen Gärten: Conze, Grabreliefs 
T. 9, 1. 
7 ) Wolters 21; Heliogr. Rayet; Phot. 
Sommer. Der Fundort ist unbekannt. 
8 ) Overbeck I 4 216. Aricia wurde 506 
durch die Kymäer vor den Etruskern ge 
rettet. 
9 ) Helbig T Nr. 93. Wir nennen noch 
das Relief Röm. Mitt. 7, 32 ff. T. 2. 
10 ) In Palma: Hübner, ant. Bildw. in 
Madrid Nr. 820; Abg.; Abbildungen ähnlicher 
Werke bieten römische Familienmünzen, z. 
B. Titia Nr. 1 Babelon. 
n ) S. 618; TvQarjvöÜv yeveüv cpaQ^iazo- 
noidv e&vog Aeschylus bei Theophr. hist. pl. 
9 15 
12 ) Sittl, A. 57, 137 ff. 
40*
	        
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