Kap, VI. Die zweite orientalisierende Periode der Weltgeschichte. (§ 332.) 585
Zum Überfluss wurzelt der Stil der vorigen Periode mindestens
im heutigen Ungarn ziemlich fest. Gehänge mit Rädchen und hethitischen
Schilden pflanzen einen alten Typus fort; 1 ) bei den Spiralenreihen schreitet
die Zersetzung sichtlich vor. * 2 )
Das Ergebnis dieser Auseinandersetzungen wird sich rasch formulieren
lassen: Im einzelnen hat das nordadriatische Gebiet kaum etwas besonderes
und doch kommt mit Rücksicht auf das Ganze den begabten Arbeitern
eine gewisse Originalität zu, denn sie brachten es in der einseitigen Technik
und Dekoration zu einer wahren Virtuosität.
Litteratur: Orsi, Bull, paletn. ital. 1885, 161 ff. (venetisch-illyrische Kultur); Wi-
bbrg, d. Einfluss der klass. Völker auf den Norden, aus dem Schwed. Hamburg 1867; H.
Genthe, der etrusk. Tauschhandel nach dem Norden, 2. A. Heilbronn 1874; Lindenschmit,
zur Beurteilung der alten Bronzefunde diesseits der Alpen, Archiv f. Anthrop. 1876; Martha,
l’art etrusque p. 75 ff.; E. Chantre, et. sur quelques necropoles hallstattiennes de ITtalie
et de l’Autriche, Paris 1884, m. Ahb. In der Litteratur waren bisher topographische Be
zeichnungen nach den Fundstätten von Bologna (S. 133), Villanova (S. 135) und Hallstatt
(S. 155; Aquarelle und Beschreibung von Ramsauer in St. Germain) üblich.
332. Das übrige Mitteleuropa und der Norden schliessen sich zu
nächst an jene Nachbarländer an. Wir können hier nur wiederholen, was
S. 489 über die hervorragende Stellung der am Bernstein- und Zinnhandel
beteiligten Länder 3 ) gesagt wurde; jetzt kommt ausserdem die phokäische
Kolonie Massalia in Betracht, nach welcher mit der Zeit das Rhonethal 4 )
und die Mittelrheinlande gravitieren, gleichwie alte Münzen das Ein
dringen der Griechen in die Bernsteingegenden bezeugen. 5 ) Über ein
flussreiche Kulturcentren verlautet auch in dieser Periode noch nichts;
in den Kreis der mittelländischen Civilisation ist die Gegend noch nicht
eingetreten.
Den Anfang mögen wieder die Metallarbeiten machen, unter denen
die Bronze vorwiegt, während Gold selten vorkommt. An den Süden er
innern sofort die gerippten Eimer, 6 ) die sogenannten Rasiermesser, 7 ) kreis
runde Ohrringe (in der Byciskäla-Höhle), auf Rädern gehende Kessel
(Kesselwagen), 8 ) Zierschilde aus Blech 9 ) und die unter Cypern erwähnten
hohen Metallhauben von Gold oder Bronze (tutuli), die sich bis Skandi
navien verbreiteten. 10 ) Von den Bronzeschalen kommen nur unverzierte
vor. 11 ) Das Dekorationssystem erweist sich wieder als eng begrenzt;
es entspricht dem geometrischen und ist an den erwähnten Bronzeschilden
80; s. auch Hampel, Bronzezeit T. 56, 1. 63,
4. (ungar. Bearh.) 182, 3.
9 Hampel, Bronzezeit T. 54, 1. 112, 4.
Grosse Schnecken in Gold: das. T. 46,1 — 4.
2 ) Das. T. 21, 2. 4. 72. 73. 75, 5. 77. (un-
gar.) 150 u. ö.
s ) Über die Oberlausitz s. Ztschr. f. Ethn.
1892, Verh. S. 410 ff.
4 ) Fund einer orientalisierenden Vase:
Layard, M. III 38, 3 u. Mem. de l’acad. XX
2 T. 6, 6.
5 ) Fund von Bromherg, nach Fried
länder (Ztschr. f. Num. 5, 213 ff.) zweifelhaft.
6 ) Öfter zwischen Pyrenäen und Weich
sel, z. B. in Chaumoy hei Bourges: B. arch.
1891, 40 ff. m. T. 7; auch in Irland.
7 ) Z. B. mehrere in Posen.
8 ) Taus in Böhmen: Ztschr. f. Ethn. 22,
58 mit Abbild. S. 59 (getragen von einer
weiblichen Figur); Richly T. 51, 23; Peccatel
in Mecklenburg; wahrscheinlich auch bei
Pennewit: Zeitschr. für Ethn. 22, 58; Ystad
(Schweden): Archiv f. Anthr. 5, 49 ff.
9 ) Besonders drei dänische: Atlas de
l’archeol. du Nord T. B V 2. 3. VI4; Conesta-
bile , sovra due dischi S. 44 f.; Böhmen:
Richly T. 42, 6.
10 ) Z. B. bei Schifferstadt (Rheinpfalz)
und Avanton bei Poitiers: Lindenschmit,
Altert. I 10, 4, 1. 2 (Mainzer Nachb.).
n ) Z. B. aus dem Hügel von Mont
richard (Cöte-d’Or) in St. Germain.