Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. IV. Sammlungen und Museen. (§ 12.) 
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wut entbrannt, die volle zwei Jahrhunderte, wenn nicht länger, anhielt. 
Man mag bezüglich des Yerres Cicero nicht alles aufs Wort glauben, er 
ist jedenfalls der erste leidenschaftliche Privatsammler, den wir kennen. 
Wer nicht wie er in die Provinzen kam, fand in der Hauptstadt bei den 
Kunsthändlern der Saepta 1 ) Silberarbeiten, Gemälde, Bronzen, Luxustische, 
Gemmen und Statuen. 2 ) Der reiche Privatmann schmückte damit Stadt 
haus und Villa, 3 ) wovon die sogenannte Pisonenvilla in Herculaneum mit 
ihrer Statuen- und Büstensammlung eine Vorstellung geben kann. 4 ) Es 
mutet uns schon museumsmässig an, wenn Statuen und Hermen eine 
griechische oder lateinische Nummer tragen 5 ) und in fürstlichen Häu 
sern eigene Kustoden vorhanden sind; 6 ) hin und wieder wird auch eine 
Notiz über die Besitzgeschichte überliefert. 7 ) Nachdem bereits Rom mit 
den Kunstwerken der Provinzen so bereichert worden war, dass manch 
mal mehr Statuen als Menschen an einem Platze zu sehen waren 8 ) und 
dass sie einen eigenen Comes statuarum und den nicht sehr geschmackvoll 
betitelten Tribunus verum nitentium in Anspruch nahmen, 9 ) konnte Kon 
stantinopel nach der Konfiskation der Tempelschätze für ein Riesen 
museum gelten, in welches i. J. 545 sogar ägyptische Statuen Aufnahme 
fanden. 10 ) 
Wenn auch manche Tempel förmliche Gemäldegallerien hatten, 11 ) 
mögen ihre Schätze mehr ein Sammelsurium als eigentliche Kunstsamm 
lungen gewesen sein, weil die Gläubigen alles mögliche schenkten. Indes 
über Augustus wird doch ausdrücklich berichtet, dass er in seinem Palaste 
statt Statuen und Gemälden „alte und seltene Dinge“ aufstapelte 12 ) — das 
erste nachweisbare Kuriositätenkabinett. Auch seine Zeitgenossen scheinen 
den Kunstwerken manche Anticaglie, z. B. alte Dreifüsse beigesellt zu 
haben. 13 ) 
Litteratur: H. Blümner, Dilettanten, Kunstliebhaber und Kenner im Altertum, 
Berlin 1878. 
Die Schriftsteller beschäftigten sich freilich nur mit den Kunst 
sammlungen der Tempel und des Staates. So schilderte im zweiten vor 
christlichen Jahrhundert Polemon die Gallerien in den Propyläen der 
Bilder schicken (Plutarch, Aratos 12); älte 
stes Zeugnis aus Rom: Prolog zu Plautus 
Casina V. 7 (nach Mommsen zwischen 94 und 
84 verfasst). 
*) Martial. 9, 59. 
2 ) Hör. ep. 1, 6, 17; Silber: Hör. s. 1, 4, 
28. Plin. 88, 157 (ut sola iam vetustate cen- 
seatur); Bronzen: Hör. c. 2, 8, 21 f. s. 1, 4, 
28. Tertull. cult. fern. 1, 5: Tische Juven. 1, 
188. Über Caesar Suet. Jul. 47. 
3 ) Stat. silv. 2, 2, 68 ff. Suet. Aug. 72. 
4 ) D. Comparetti e G. de Petra, la 
villa ercolanese dei Pisoni, Torino 1888 m. T. 
5 ) Heydemann, Pariser Antiken S. 18 f.; 
Weihgeschenk Nr. IIII. B. com. 1889 p. 42; 
Strausseneier, Skarabäen u. dgl. mit phöni- 
kischen und etruskischen Marken: Perrot, 
histoire de l’art 8, 851 f., 855 f. 
6 ) Ein }) a statuis“ ist im Columbarium 
Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. VI. 
der Li via beigesetzt; Inschrift aus dem Jahr 
158 bei.Orelli 2417. 
7 ) Über den Tafel-Herakles Martial. 9, 
43, 7 ff. Aus der Korrespondenz eines Samm 
lers: Cic. ep. 7, 23. 
8 ) Polyb. 9, 3; Cassiod. var. 7, 15; vgl. 
Urlichs, griechische Statuen im republi 
kanischen Rom, Würzburg 1880; F. Jacobi, 
Grundzüge einer Museographie der Stadt 
Rom zur Zeit des Augustus, I. Speier 1884. 
9 ) Schiller, Geschichte der römischen 
Kaiserzeit 2,.63. 
10 ) Heyne, Commentatt. soc. r. scient. 
Gotting. XI 1, 1 ff. 2, 23 ff, XII 273 ff. vgl. 
Eusebios’ Leben Konstantins 3, 42. 54; über 
die alte Sophienkirche: Ath. M. 14, 274, 1. 
11 ) Strab. 14, 1, 14. 
12 ) Sueton. Aug. 72 a. E. 
1S ) Hör. c. 4, 8, 1—8. 
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