Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

540 Klassische Kunstarchäologie. II. Geschichte der alten Kunst. 
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Böotiens sehen jetzt oft altertümlicher aus als sie zu der Zeit waren, wo 
ihre Bemalung die Mängel der Skulptur mehr verdeckte. Einem feineren 
vorgeschritteneren Stile ist das Relief von Ince Hall zuzurechnen. 1 ) Hier 
erscheint eine malerische Auffassung wie in den Anfängen der schönen 
attischen Grabreliefs, von denen zum mindesten die um die Mitte des 
6. Jahrhunderts gesetzte Stele des Lyseas hieher gehört. * 2 ) Hier ist der 
wappenartige Sockel (jugendlicher Reiter) einfach rot auf den glatten Stein 
gemalt. Aus der Porträtstele scheint sich noch in dieser Zeit die Grab 
statue entwickelt zu haben, zu welcher, wie schon bemerkt, manchmal 
der sogenannte Apollotypus diente. 3 ) Nach orientalischer Gewohnheit 
mochte auch schon zuweilen ein steinerner Löwe oder eine Sphinx mit 
orientalisch aufgebogenen Flügeln Grabräuber und Dämonen abschrecken 
sollen. 4 ) Den Ursprung dieser Sitte zeigen uns zwei Löwen des Dipylon- 
friedhofes an, die Hieroglyphen tragen. 5 ) 
Mehr Stoff geben uns die Tempel. Da der ägyptische Einfluss in 
diesem Zeitalter den babylonischen überwog, ruht die monumentale Bau 
weise der Griechen von Anfang an auf dem Steinbau. Nicht als ob im 
einzelnen ägyptischer Einfluss 6 ) massgebend gewesen wäre! Wir finden 
das Giebeldach in Armenien (S. 515) 7 ) und die Grundlage der sogenannten 
jonischen Säulen in Babylonien (S. 314), wenn auch in diesem Zeitalter 
der sogenannte dorische Stil mit seinen schweren Säulen (S. 313) überwog. 
Desgleichen hat der von Epimenides in Sparta erbaute Rundtempel seine 
Analogien innerhalb der babylonischen Sphäre. 8 ) Noch wird der Marmor 
nicht zu Bauten verwendet; erst gegen das Ende unserer Periode bauen 
die Alkmeoniden, um Aufsehen zu erregen, den delphischen Tempel aus 
Marmor. Der damals eigentlich ausbedungene Kalkstein war das übliche 
Material der Tempel, wobei auch grober Muschelkalk nicht verschmäht 
wurde. Zu diesem Stoff bedurfte es des Stucks, welchen helle Farben 
gliederten. Für eine solche Manier passten Reliefs, deren Konturen im 
Stein ganz grob zugehauen wurden, weil er nur den Kern für die Ver 
schalung abgab; der Stuck des Grundes wurde mit einer Farbe über 
strichen, wozu sich das allbeliebte Rot oder das Blau des südlichen Himmels 
eignete. Zu solchen Reliefs gab sich die natürlichste Gelegenheit in den 
Metopen (S. 318); denn weil diese beim Bau offen gelassen wurden, be- 
des 6. Jahrh. nach der Inschrift); Milet: 
Rayet, Milet T. 22; sitzend, auf Kythera, 
abgeb. IlaQvacGos 5, 1101; Sphinx von Spata: 
Athen Nr. 28; Ath. Mitt. IV T. 5; Bruckm. 
Nr. 66 (Abguss); aus dem Piräus: Athen Nr. 
76, vgl. 77. 78; Akropolis, aus naxischem 
Marmor: *Ed. 1888 T. 12 B; aus Aigina in 
Athen (Ath. Mitt. 4, 69, 2); kleine Sphinxe 
von Bronze, Athen arch. Ges. 1187. 2519; 
Hund auf der Akropolis: Lepsius, Marmor 
studien S. 78. 
5 ) Bch. 17, 189. 
6 ) Lepsius, A. 9, 94 ff. 
7 ) Pindar schreibt die Erfindung (d. h. 
Einführung) der Handelsstadt Korinth zu. 
8 ) Paus. 8, 12, 11; 1898 von Waldstein 
ausgegraben. 
2, 314 f.; in Misithra: Athen. Mitt. 2, 
318 ff. 
*) Photogr. AZ. XXXII T. 5 (Wolters 
240); vgl. AA. 1864, 222. S. ausserdem A. 
.33, 38; Ra. 1844, 722. 
2 ) Conze, attische Grabreliefs T. 1 mit 
Text. Über die Stelenmalerei Löschcke, 
Ath. Mitt. 4, 37 ff. 
3 ) Löschcke, Ath. Mitt. 1877 S. 36. 289; 
Collignon, Ga. 1887 S. 7; Conze, Sitzungs- 
ber. d. preuss. Akad. 1884 S. 621; abgeb. an 
einer Lekythos in Bonn: Bonner Studien 
1890 T. 10; Apollotypus: Milchhöfer, AZ. 
1881 S. 55; Mon. ined. I Sp. 789 T. VI 7. 8; 
weiblich: Athen Nr. 89. 
4 ) Liegend auf dem Grab des Menekra- 
tes in Kerkyra: Overbeck I 4 S. 178 (Mitte
	        
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