Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

490 Klassische Kunstarchäologie. II. Gesghichte der alten Kunst. 
form; die Perlen selbst sind im Orient auch geschnitten, da sie Mais 
körnern zu gleichen pflegen. 1 ) 
Fassen wir nun nach dieser Weltreise die Grundzüge des Zeitalters 
zusammen! Ruhmbegierige ägyptische Könige rütteln das ganze Mittel 
meergebiet aus seiner Ruhe auf. Es bildet sich ein internationales Gebiet 
einer einheitlichen Kultur, innerhalb dessen die einzelnen Völker allerdings 
verschiedene Stufen einnehmen. Das Kunstgewerbe (einschliesslich der 
Architektur) erreicht eine ausserordentliche Blüte; in der Technik ist 
vieles später zeitweise verloren gegangen, während verhältnismäsig wenig 
bedeutendes zu erfinden blieb. Die eigentliche Kunst dagegen gewann zu 
Ägypten und Babylonien nur Nordsyrien hinzu; sonst hat sie überall — 
höchstens noch Malta abgerechnet — den Charakter der Gelegenheits 
arbeit und des Laientums. Ein Zeitstil spricht sich nur im Kunstge 
werbe, namentlich in den Spiralen, Seetieren und den klotzigen Steinbauten 
aus. Die jeweiligen ortsüblichen Formen der Industrie festzustellen ist 
nicht unsere Aufgabe. 
Die Bewegung, welche Dhutmes III. wachgerufen, kehrte schliesslich 
ihre Spitze gegen seine Nachfolger. Im 11. Jahrhundert etwa entsteht — 
durch welche erste Ursachen, wissen wir nicht — eine allgemeine Völker 
wanderung an den östlichen Gestaden des Mittelmeeres. Die Griechen 
erzählen uns von der dorischen Wanderung und ihren Folgen, * 2 ) wie die 
ägyptischen Inschriften von dem Andrängen der „Seevölker“. Ägypten 
hat als Grossmacht ausgespielt; der glänzende Thron der Atriden ist 
unter dem Ansturm eines rohen Bergvolkes zusammengebrochen. Tapfer 
keit und Kraft wiegen jetzt schwerer als Kunstfertigkeit. Die Kunst hat 
ihre Schutzherrn verloren und sinkt rasch. Es muss sich eine neue Gesell 
schaft aus dem Zusammenbruch bilden. 
Litteratur: Der Inhalt der vorhergehenden Seiten wurde von den „prähistorischen“ 
Forschern unter verschiedenen Schlagwörtern behandelt. Von den Perioden, welche sie 
annehmen, schlagen hier ein: die jüngere Steinzeit oder die Zeit des polierten Steines, die 
Kupferzeit (S. 201) und die ältere Bronzezeit (S. 208); wir haben die Litteratur in der Orts 
kunde nach den einzelnen Ländern aufgeführt. Zur Zeitbestimmung: Montelius, om tids- 
bestämning inom bronsäldern; über die Ornamente der Steinzeit: Anthrop. Corresp. 1875, 
52 ff. Ausserdem wurden die megalithischen Denkmäler oft besprochen; ausser der Orts 
kunde vgl. Fergusson, rüde stone monuments, London 1872 (franz.: les mon. megalith. de 
tous les pays, v. Hamard 1877); über die Terminologie Sal. Reinach, Ra. III 21, 84 ff.; vgl. 
ferner die in Kap. VIII S. 284 angeführte Litteratur; dann z. B. Ch. Comhaire, les mon. 
megalithiques de Solwaster, Liege 1889. 
Kap. VI. Die zweite orientalisierende Periode der Weltgeschichte. 
(1030) ca. 660—525. 
(T. 6. 7.) 
318. Wir haben die schwierige Aufgabe, ein Zeitalter zu schildern, 
in welchem allenthalben eine völlige Zersplitterung herrschte, aus welcher 
freilich in den letzten zwei Jahrhunderten ein internationaler Sinn wiederum 
sich herausbildete. 
9 Besonders in Morbihan, doch auch 
anderswo vereinzelt: B. archeol. 1891 p. 89. 
2 ) Beloch (Rhein. Mus. 45, 584 ff.) und 
Busolt (Griech. Gesch. I.) leugnen bekannt 
lich die dorische Wanderung, ohne welche 
die Kunst- und Kulturentwicklung Griechen 
lands unverständlich bliebe.
	        
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