Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. V. Die erste orientalisierende Periode der Weltgeschichte. (§ 317.) 489 
nischen Spiralen verziert, zu Lengyel. Megalithische Bauten dagegen sind 
selten. 1 ) 
Das übrige Mittel- und Nordeuropa liegt von der Peripherie noch 
weiter ab, hat also die Anregungen durchschnittlich langsamer und 
schwächer erhalten. Eine grosse Zahl megalithischer Gräber, die sich be 
sonders im Kreis Dronthe verdichten, 1 2 ) erzählen von bedeutenden Herr 
schern, über welche die Geschichte schweigt; Böhmen beherrschten sie 
nicht. Die schilfsförmigen Verzierungen von Bronzemessern erinnern an 
ein ägyptisches Beil aus dem neuen Reich. 3 ) Die Felsenzeichnungen 4 ) 
sind nicht eigentlich Felsenreliefs wie die ägyptischen und assyrischen, 
sondern mehr hieroglyphischer Natur und sogenannten hethitischen Denk 
mälern vergleichbar. Solche haben auch einzelne Hünengräber. 5 ) In 
Schweden kommt die Gravierung von Knochen neu auf. Nur wo der 
Norden einen wichtigen Artikel des Welthandels (Bernstein und Zinn) 
liefern, gravitiert auch der Geschmack nach Südosten. Das Bernsteinland hat 
durch die Handelsverbindungen sehr früh Anregung zu plastischen Arbeiten 
erhalten; 6 ) auch ritzt man Reiter, Tiere und Wägen in Thongeschirr 
ein. 7 ) Glasperlen und Kaurimuscheln (Cypraea moneta L.) sind häufig. 
Schlesien, wo die Strasse durchlief, bekundet den Verkehr mit dem Süden 
durch bemalte Gefässe (S. 151). 8 * ) Sonst zeigen nur Frankreich und Eng 
land eine ausgeprägte Physiognomie, vielleicht dank dem gewinnreichen 
Transit des Zinnhandels. Hier finden wir nicht bloss alle Arten der me- 
galithischen Gräber und Denksteine; hin und wieder sind an denselben 
Ornamente eingraviert oder Hieroglyphen eingegraben °) oder auch ein 
plastischer Versuch gemacht, einen menschlichen Kopf nachzubilden. 10 * ) Die 
Bienenkorbgräber erfahren bis nach Schottland hinauf eine ungefähre Nach 
ahmung. 11 ) Ausnahmsweise tritt ein dilettierender Steinmetz als Bild 
hauer auf. 12 ) Metallene Gegenstände sind selten erhalten, und sicher auch 
selten gewesen, weshalb man die Steine sorgfältig polierte. Goldschmuck 
kam aber doch vor 13 ) und, wie in Spanien, der arabische Türkis in Perlen- 
1 ) Etwa der Col maladett im Grödner- 
tal (Gemeinde La Villa)? 
2 ) Tacitus weiss auch von grossen Burg 
ruinen zu beiden Seiten des Cimbernlandes 
(Germ. 37). 
s ) Erman, Ägypten S. 112. 
4 ) S. 165; Litteratur bei Knoll, Studien 
S. 8 f. 
5 ) Merseburg: Dorow, Neue Ztsch. f. d. 
Gesch. d. germ. Völker I H. 3 m. 2 T. S. 53 
—68, ygl. Anthr. Corr. 1882 Nr. 7. 
6 ) 0. Tischler, d. Anfänge der plast. 
Kunst zur neolith. Zeit in Osteuropa, Königs 
berg 1883. 
7 ) Ztsch. f. Ethnol. 1882 S. 392 ff. (Tiere, 
aus Kluczewo, Posen). 532 ff. (Reiter und 
Wagen, aus Darzlubie, Westpreussen); Pferde 
auf Gesichtsurnen von Zaborowo: Verh. der 
Berl. anthr. Ges. 1875 T. 11, 1; punktiertes 
Zweigespann auf Urne aus Elsenau (Schlesien): 
Ztsch. f. Ethn. X T. 20. 
8 ) Bronzerädchen in Grab der Lausitz: 
Verb. d. Berl. anthr. Ges. 1886 S. 633. 
9 ) Koncentrische Halbkreise in der allee 
couverte von Gavr’innis; ebenso an Vase aus 
dem Dolmen bei Quiberon; hieroglyphen 
artige Zeichen am Dolmen von Mane-Ludi 
Ra. n. s. X T. 25. 26, vgl. Lenormant, cult. 
primit. 1, 77. 
10 ) Menhirs mit Kopf: London (Vienne). 
Saulien (Cöte-d’Or); Tredion (Morbihan). 
Menschliche Figur an einem Grabe bei Uzes 
(Dep. Gard): Mem. de l’acad. de Nimes 
1887, m. T. 
15 ) Z. B. Hügelgrab mit Stelenallee von 
New-Grange: GailhabaudI T. 36; Hügelgrab 
von Marshowe: Perrot VI S. 605, 2. 
12 ) Versuch eines Gesichtes, aus Vercoutre: 
Ra. III 1, 10 ff. m. Abb. 
13 ) Z. B. in dem grossen Hügelgrab von 
La Motte in der Bretagne (Loire-inferieure): 
B. archeol. 1891 p. 36 ff.
	        
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