Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. X. Die eigentlichen Künste. (§ 299.) 
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Technik der Schiffsmalerei sich vervollkommnet haben. 1 ) Von den Schiffen 
ging die Wachsmalerei bald auf andere der Feuchtigkeit ausgesetzte 
Zimmermannsarbeiten über * 2 ) und wurde dann allgemein für dem Regen 
preisgegebene Gegenstände, ob sie nun von Holz oder von Stein waren, 
benützt. Schon an einem athenischen Tempel sind eigene „Einbrenner“ 
(symvrcti) beschäftigt. 3 ) In Ägypten, wo die blossen Sonnenstrahlen des 
April und Mai hinreichen, das Wachs zu schmelzen und in diesem Zu 
stande zu erhalten, kennt die Wachshialerei, als deren Denkmäler aus 
älterer Zeit Mumien-Masken und -Hüllen erhalten sind, 4 ) keinerlei be 
schränkende Grenze; dort vollzog sich wahrscheinlich auch die Anwendung 
auf Tafelbilder. Die bekannten Porträtbilder der Gräber des Faijüm stam 
men allerdings meist aus der Kaiserzeit und gehen jedenfalls über die 
alexandrinische Zeit nicht zurück. Aber sie knüpfen, da sie ebenfalls auf 
das Gesicht des Toten gelegt wurden, unmittelbar an jene Mumienmasken 
an. In Griechenland war die Wachsmalerei wegen des weniger tropischen 
Klimas mit mehr Schwierigkeiten verknüpft. Hier brauchte der Maler 
schon ein besonders feines Wachs 5 ) und ätherisches Öl, um es aufzulösen. 
Weil aber bei dem raschen Erstarren des Wachses die Oberfläche ungleich 
ausfiel und die Grenzen der dick aufgetragenen Farben zu scharf waren, 
übergingen die Maler ihr Werk mit einem heissen Eisenstäbchen, das die 
Oberfläche glättete und die Farben vertrieb; davon heisst die Kunst 
Enkaustik, enkaustische Malerei. 6 ) Dieses mühsame und umständ 
liche Verfahren hat in Griechenland begreiflicher Weise nicht sofort Ver 
breitung gefunden und konnte auch nicht eine solche Vorherrschaft er 
ringen, wie nachmals die Ölmalerei; es eignete sich für kleinere Bilder 
und war daher zu Porträten beliebt. 7 ) Die Blütezeit dürfen wir in das 
4. und 3. Jahrhundert v. Chr. setzen, doch blieb die Technik mindestens 
bis zum byzantinischen Bildersturm herab bekannt. 8 ) Die Freskomalerei 
ward schon bei der Baukunst besprochen (S. 335 f.). Das Verhältnis der 
drei Arten zu einander ist vielfach bestritten, weil die chemischen Unter 
suchungen wirklicher Wandmalereien — von Wandanstrich muss man hier 
absehen — vorläufig noch spärlich sind und die Chemie überhaupt nicht 
in der Lage scheint, die in geringer Menge oft, sowohl in Ägypten als 
in Europa, gefundenen organischen Substanzen sicher zu bestimmen. Soviel 
steht fest, dass mindestens hin und wieder mit Wachs oder einer Wachs 
mischung auf Wände gemalt wurde. 9 ) Die Alten unterscheiden von der 
Malerei, da zu diesem Begriff Farben nicht notwendig sind, 10 ) auch das 
Zeichnen nicht. Was die Kunst anlangt, so werden Silberstiftzeichnungen 
x ) Vgl. Ath. 5 ; 204 ff. (besonders 204 b. 
208 b); Sen. ep. 76, 18; Val. Fl. 1, 180. 
2 ) Vitr. 4, 2, 2; Auson. ep. 26 (19, 45), 9. 
3 ) CIA. I 324; Plut.fglor. Ath. 6 p. 348 f. 
4 ) Mehrere Masken: Prisse d’Avennes 
p. 291; Fragment in Florenz : Fabbroni, an- 
tichitä della pittura encausta p. 6. 
5 ) Vitruv empfiehlt jedoch das raffinierte 
„punische“ Wachs (Wachsseife) nur für 
glänzenden Wandanstrich. 
6 ) Blümner, Technol. 4, 451 f. Eine 
Karrikatur aus Pompeji zeigt das Plein-air- 
Atelier einesEnkaustikers samt Ölkrug,Brenn 
eisen ((iaß&iov, xavrrjQiov) u. Kohlenbecken. 
7 ) Vgl. Plin. 35, 124. 
8 ) Ducange, glossar. mediae'* et inf. 
Graecitatis s. v. xrjQo/vrog; Strzygowski, 
byzant. Denkmäler I Wien 1891 S. 124. 
9 ) Wachs oder Wachs und Harz, in St. 
Medard-des-Pres; Plinius leugnet dies aller 
dings. 
10 ) Philostr. y. Apoll. 2, 22 p. 34, 31 ff.
	        
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