Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie, I. Denkmälerkunde, 
hat selbst in Kampanien seine Spuren hinterlassen. 1 ) Bei diesen religi- 
giösen Malen entwickelt sich der Nebengriff, der Gott begünstige den Ort 
seiner Erscheinung dauernd und lasse sich von Zeit zu Zeit dort nieder. 
Diese Idee lag bei den Grotten, die sich ja äusserlich von den Höhlen 
wohnungen (S. 338) nicht unterschieden, sehr nahe. Diese erste Vorstufe 
der Tempel hat zahlreiche Spuren in Phönicien und Syrien, auf Cypern, 
in Karien und Griechenland hinterlassen. An sie schliessen sich die 
künstlichen Grotten an, welche der Mithrasdienst forderte. 2 ) Die Grenze 
zwischen den natürlichen und den künstlichen Grotten ist freilich schwer 
festzustellen, so dass sich der Übergang zum Felsentempel unmerklich 
vollzieht. 3 ) Dieser hat nur an den felsigen Nilufern Nubiens 4 ) und durch 
buddhistischen Einfluss in Indien feste Wurzeln gefasst, ohne diesen Län 
dern eigentümlich zu sein; denn es gibt ansehnliche Felsenkirchen. 5 ) 
Heilige Grotten finden sich in Phoenicien zu Kasmie und Adiun (Renan , mission 
p. 647 ff. 662 f.), hei Seleukeia (Strab. 16, 2, 8); Grotte des Pan an der Akropolis; andere ab 
gebildet in den Nymphenreliefs (vgl. Wieseler, über ein Votivrelief aus Megara, Abh. d. 
Gott. Ges. XX); über die Höhlengötter: Usener, Rhein. Mus. 88, 868ff.; Rohde, Psyche S. 104ff.: 
Phigaleia: Bursian, Geogr. 2, 258 f.; vgl. Widemann, lak. Kulte S. 40 f.; Grotte auf Thera; 
Karien: Strab. 14, 1, 11; in Italien? spelunca Martis Serv. Verg. A. 8, 680; in christlicher 
Zeit noch häufig bei Griechen und Orientalen: in Phönicien (Renan p. 518), zu Bethlehem 
(Geburtsgrotte: Hieron. epist. II 8), an der Akropolis, auf dem Pentelikon, in Phigaleia u. ö. 
Über die Pelsentempel s. S. 82 u. 87; in Griechenland ist der Poseidontempel auf Tainaron 
zu vergleichen (Paus. 8, 25 ; 4; vgl. Bursian, Geographie 2, 150). 
An den freistehenden Tempel führt uns eine zweite Evolution schon 
näher heran. Die Felsspalten, welche durch eine Erscheinung begnadet 
sind, werden an den Seiten flach abgearbeitet, so dass Felsenhöfe ent 
stehen, die in Phönicien und auf Paphos nicht zu verkennen sind. So 
bald dieselben nun einfach mit ein paar Steinplatten überdacht werden, 
entsteht ein primitives Steinhaus. Den gewünschten Beleg bietet das 
älteste delische Heiligtum Apollos. 6 ) 
Zu dieser zweiten Stufe des religiösen Baus gehören auch die bear 
beiteten Felshügel; auf solchen wurde eine ebene Fläche mit Sitzen und 
Stufen hergerichtet. Die sorgfältigsten Anlagen, wie die „Schule Homers“ 
auf Chios, 7 ) sind der kleinasiatischen Göttermutter geweiht, während über 
die Bestimmung anderer (wie des Areopag und besonders der sogenannten 
Pnyx in Athen) 8 ) Zweifel bestehen können. Seltener wird der ganze Fels 
in ein Gemach verwandelt. 9 ) 
Zu eigentlichen Bauten liegt dagegen erst ein Anlass vor, sobald 
man für die dauernde Unterbringung eines Götterbildes oder eines an den 
des Kadmos u. der Harmonia“ in Illyrien: 
Scylax 25. 
0 Oben durch einen Architrav verbun 
den zu beiden Seiten eines heiligen Baumes, 
in Wandgemälde (Schreiber, Atlas T. 11,14). 
2 ) Cryptae in Ostia: CIL. XTV 66 (Rtjg- 
giero 174); vgl. Preller, röm. Mythol. II 
3 412 ff. — Basilikaartige „Grotte der Sibylle“ 
bei Cumae: Ps. Justin, coh. ad Graecos 87. 
3 ) Häthi Gumpha im östlichen Indien 
scheint noch eine natürliche Grotte zu sein 
(Fergusson p. 66 ff.). 
4 ) In Ipsambul: Langls Wandtafel I 8; 
Perrot I 242. 248. 
5 ) In Sutri: Hübsch, altchristl. Kirchen 
T. 6, 10. 11; vgl. auch S. 297, 11. 
6 ) Lebegue T. 1. 2 — Schreiber, Atlas 
T. 11, 1—8; Phot, des Inst., Delos 6. 
7 ) Abb. bei Hammer, Ansichten 59; vgl. 
Prokesch, Denkwürd. 1, 82 ff.; IlandCy?, 
IIctQpocGoos 4, 640 ff.; ähnlich in Ephesos: 
Curtius, Abh. d. preuss. Akad. 1872; „Brpa 
des Trajan“ in Zaragardia: Zosim. 8,15. Vgl 
S. 297. 
8 ) Atlas von Athen Bl. 5, 1. 2. 
9 ) Herod. 2, 175, vgl. 155.
	        
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