Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde. 
Anzahl ergeben sich die alignements, die dann auch wieder in parallelen 
Reihen Vorkommen. Die bedeutendsten Anlagen der Art sind in Ardeven 
(Morbihan) und Carnac, 1 ) wo einst mehrere Tausend Steine gestanden 
haben mögen. Ist der Menhir von ähnlichen Steinpfeilern kreisförmig 
(seltener im Viereck, oval oder in Schiffsform) umgeben, so heisst er ge 
wöhnlich Cromlech (S. 348); doch ist dieser Ausdruck oft anders gebraucht 2 ) 
und steht hinter dem einheimischen „Steinsetzungen“ (skandin. stensättningar) 
zurück. Brittannien hat davon zu Stonehenge bei Salisbury (mit vier 
konzentrischen Kreisen) und zu Arebury (mit einem Durchmesser von 433 m) 
riesige Muster aufzuweisen. Die Verbreitungssphäre der Menhirs und 
Cromlechs ist hauptsächlich in Nordwest- und Nordeuropa zu suchen; 3 ) 
allein es hat früher weit mehr gegeben. Vielleicht sah noch Pausanias 
bei Sparta einen Cromlech. 4 ) 
Statt mehrere Pfeiler neben einander zu stellen, konnte man einen 
Teil quer herüberlegen, so dass sich eine Art Tisch ergab, dessen Platte 
den Toten gegen Regen und Sonnenglut zu schützen schien. Diese Art 
heisst auf bretonisch Dolmen (Tafelstein); dieser Name entspricht der Sache 
besser als die scheingelehrten „Druidenaltäre“ oder „Druidensteine“. Wie 
der Tote unter dem wagrechten Steine als einem Dache beigesetzt war, 
ob in der einfachsten Weise oder in einem Ganggrab, zu welchem ein 
Gang hinabführte (allees couvertes), 6 ) das berührt die Bauweise nicht. Da 
die Hebung eines langen Steinblockes Schwierigkeiten machte, setzten 
manche an die eine Seite nur einen niederen Stein oder Hessen ihn völlig 
weg, so dass der Deckstein schief lag; hiefür ist der Name Kalb-Dolmen 
(demidolmen) vorgeschlagen. 7 ) Es bedarf andererseits nur des Hinweises, 
dass die oben (S. 352) besprochenen Steinkistengräber eigentlich nur Dol 
men mit geschlossenen Seitenwänden sind; auch kommt es vor, dass über 
dem Dolmen ein Grabhügel aufgeschüttet wird. Dürfen wir endlich auch 
die T-förmigen Denkmäler Frankreichs und der Balearen den Dolmen zu 
rechnen? 
Die Dolmengattung ist sehr weit verbreitet, nicht bloss in Grossbritannien (cromlech; 
über Irland Stokes, Ra. n. s. 44, 1 ff. m. Karte), den Inseln des Kanals (grossartig an der 
Ancressebay auf Guernsey) und Frankreich (Karte von Al. Bertrand, Ra. n. s. 10, 144 ff. 
u. archdol. celtique 2. Aufl. T. 4; Verzeichnis der Dolmen in der Creuse: Ra. 42, 42 ff. 
100 ff.), sondern auch in Spanien und Portugal (garita, arca, mamra, anta, in d’Elvas, 
Anthrop. Corresp. 1882 S. 34), auf Corsica (starozza, tola), in Alba (de Rossi, B. 1871 
p. 34 ff.), Terra d’Otranto (B. di paletnol. ital. 7, 19) und wohl auch sonst in Italien, da 
ein grosser Dolmen in einem pompejanischen Gemälde (MB. 14, 4) abgebildet scheint. Im 
Norden besitzen Dänemark (doess, dyss: Worsaae, nord. oldsager S. 8 Nr. 4—6) und Nord 
deutschland bis nach Oppeln und Liegnitz herauf Dolmen („Teufelshöhlen“); ganz Nord 
afrika ist an ihnen reich. Der Kaukasus (Abb. bei Bell, Circassia), der Libanon, Indien, 
wo die Kassia’s sie noch bauen, und Japan („Teufelshäuser“) weisen Dolmens auf. Vgl. 
Gailhabaud, Denkm. I Abt. 1 mit 10 T.; Bonstetten, essai sur les dolmens, Genf 1865 (mit 
geographischer Übersicht); Hellwald, der vorgeschichtliche Mensch, S. 2 523 ff.; Ratzel, 
Vorgesch. d. europ. Menschen S. 228 ff.; Anthrop. Corresp. 1878 S. 162 f. 1882 S. 49 ff. 
*) Caylus VI T. 121. 
2 ) Vgl. Reinach, Ra. III 21, 42 f. 
3 ) Verzeichnis der Menhirs in der Creuse: 
Ra. 42, 109 ff.; Norddeutschland: Anthrop. 
Corresp. 1883 S. 116; auf Corsica stantara, 
monacOj colonna genannt. 
4 ) 3, 20, 9. 
5 ) Sind nur drei Steine so verkeilt, heis 
sen sie lichaven (Tafelstein). 
6 ) Diese Dolmen sind nach Montelius, 
Anthrop. Corresp. 1891 S. 99 jünger; vgl. 
Cazalis de Fondouce, allees couvertes, 1873. 
7 ) Vgl. Reinach, Ra. III 21, 39 ff.
	        
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