Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde. 
dringen Herzen und Zweige ein, wofür zahlreiche Inschriften der Kaiser 
zeit Beispiele liefern. 
Litteratur: Ältere Bücher im Museo Borbonico Bd. VI zu T. 45 erwähnt; über 
andere s. S. 226, und unter den kampanischen Städten S. 120 f.; Charl. Moreau, fragmens 
et ornamens d’architecture, f.; Charl. H. Tatham , etchings representing the best 
examples of Grecian and Roman architectural Ornament, London (1803) 1843, f. m. 126 T.; 
Ornamente aus Naukratis bei Petrie I T. 14. 15 zusammengestellt. Reiche Sammlungen 
finden sich teils praktisch verwertet in S. Lorenzo fuori le mura und S. Maria in Traste- 
vere teils im Vatikan (Galleria lapidaria und Museo Chiaramonti) und im Lateran; Abgüsse 
in der Academie de France, im Berliner Kunstgewerbemuseum u. A. 
261. Zur rechten Beurteilung der alten Bauten ist es auch notwen 
dig, die persönliche Seite des Betriebes kennen zu lernen. Anfangs 
ist Bauherr und Baumeister eine Person, und dies macht sich später noch 
in bäuerlichen Verhältnissen fühlbar, daher die landwirtschaftlichen Schrift 
steller auch über das Bauwesen Anweisungen gehen. In kleinen Städten 
übernahmen die Zimmermeister auch Bauten. 1 ) Baute der Staat, so blieb 
die verantwortliche Oberleitung immer bei der Exekutive. Schon in Ägyp 
ten gab es ein Ministerium der öffentlichen Arbeiten; in Republiken führ 
ten Beamte (Bauinspektoren und Bauschreiber) 2 )oder gewählte Kommissionen, 
in vermögenden Tempeln das Tempelbauamt die Aufsicht. Infolge dessen 
hat der technische Leiter nie eine selbständige Stellung, sondern er ist 
nur der oberste Bauarbeiter, wie sich schon in seinem griechischen Namen 
ccQxiTsxxwv ausspricht, und hat als Werkführer höheren Taglohn. 3 ) Darum 
ist der Architekt nicht unbedingt auch der Anfertiger des Bauplanes. 
Letzterer ist teils in Worten (S. 276) teils anschaulich ausgeführt worden. 
Der Baumeister zeichnet mit der Feder auf Pergament den Grundriss 
(ichnographia), die Vorderansicht (orthographia) und den perspektivischen 
Aufriss (scenographia) ; 4 ) Längen- und Querdurchschnitte waren nicht be 
kannt. Diese Fertigkeit reicht in sehr frühe Zeit zurück; der einzige 
Bauriss, den wir haben, stammt aus der Zeit Ramses’ IV. 5 ) Baumodelle 
scheinen nur aus Wachs angefertigt worden zu sein, 6 ) wohl aber Holz 
modelle einzelner Teile. 7 ) 
Die Arbeitsteilung war sehr wenig durchgeführt. Der Architekt 
legte auch Gärten, Plätze, Strassen und Städte an, er schlug Brücken, 
errichtete Festungen und Schanzen, war Kriegstechniker, 8 ) Hydrauliker, 
Theatermaschinenmeister, 9 ) Uhrmacher, Wasserbaumeister und Schiffs 
zimmermann. Was aber die Kunstgeschichte besonders angeht, er hatte 
auch den Skulpturenschmuck seines Baues mit Ausschluss des Tempel- 
*) Xenoph. Cyrop. 8, 2, 5. 
2 ) Otxodojuog rrjg nohewg in Abilo: Abh. 
d. preuss. Ak. 1863 S. 326 N. 208. 
3 ) Ebenso besolden im 15. Jahrhundert 
die Niederländer „erste Steinmetzen“ (Rooses, 
Malerschule Antwerpens S. 25). 
4 ) Vgl. Vitr. 1, 1, 4. 2, 2; Gell. 19, 10; 
ausnahmsweise mit Kreide: Val. Max. 1,4 
ext. 1. Über die Werkzeuge der Baumeister 
Blümner 3, 91 f. 
5 ) Lepsius, Auswahl von Urkunden T. 22 
(Lauth, Sitzungsber. der bayer. Akad. 1871 
T. 2); Plan aus der 6. Dynastie in einer In 
schrift erwähnt: Erman, Ägypten 2,280. Ein 
Bauriss wird auf den Knieen Gudeas von 
Tello liegend erkannt, daneben Grabstichel 
und Massstab. 
6 ) Gregor. Nyssen. or. III. in resurr. 
Christ. 
7 ) IlaQadeiypa Zvfovov rrjg rqiy'kvcpov 
rrjg evxctvoscog, Böckh, Seewesen XI 1 Z. 135. 
8 ) Diod. 20, 92, 2; zur Zeit des Deme- 
trios Poliorketes anscheinend die besten in 
Kleinasien: Diod. 20, 48, 1. 
9 ) Vitr. 1 praef. 2. 1, 8.
	        
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