Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Kap. VIII. Die Baukunst nach Material und Technik. (§ 25S.) 
untere Schicht wurde im Thale Agrilesa 4 km. von Sunion angebrochen, 
kam jedoch nur in der dortigen Gegend zur Verwendung. Der bessere 
„pentelische“ Marmor war schon vor den Perserkriegen bekannt; wenn ihn 
auch die statuarische Plastik weniger ausnützte, 1 ) würdigte man ihn doch 
bereits ausserhalb Attikas. 2 ) Im fünften Jahrhundert wurde die Leistungsfähig 
keit der Brüche so sehr gesteigert, dass ganze gewaltige Bauten daraus 
entstehen: Propyläen, Parthenon, Niketempel, Erechtheion, Theseion (ohne 
die Skulpturen), Dionysostempel im Rapetosathal. Der Ruhm dieser Werke 
verschaffte dem pentelischen Marmor bei Griechen und Barbaren Eingang, 3 ) 
und zwar nicht etwa nur in Böotien und dem Peloponnes, wo der Marmor 
fehlte, sondern auch in marmorreiche Gebiete. 4 ) Dadurch war eine Stei 
gerung des Preises bedingt. 5 ) Der Betrieb erlitt nie Unterbrechung und 
ging unter den oströmischen Kaisern an den Staat über, der sein Wappen 
anbrachte; doch schwindet seit dem Stadion des Herodes Attikos die kunst 
geschichtliche Bedeutung des pentelischen Steines, 6 ) weil man jetzt die 
farbigen vorzog. Vielleicht erregte auch die gewiss schon damals wahr 
nehmbare goldbräunliche Patina, welche von den im Steine enthaltenen 
Erzkörnern kommt, 7 ) Bedenken; heute schätzen sie freilich die Kunstfreunde 
wie einen Vorzug. Der Peloponnes ist nur strichweise marmorhaltig und 
hat vor der Römerzeit Marmor überhaupt nur zu örtlichem Gebrauche 
produziert; der Marmor von Tegea (Marmarövuno bei Dolianä) war wenig 
stens zwischen Bassai, Olympia und Argos im Gebrauch. 8 ) Dagegen mangelt 
der edle Stein kaum einer Insel des ägäischen Meeres (ausser Amorgos 
und Melos) und ist dort von der armen Bevölkerung seit alter Zeit ge 
brochen und verfrachtet worden; leider sind die verschiedenen Arten noch 
lange nicht alle bestimmt. Die alten Schriftsteller machen uns aufmerk 
sam auf den Marmor von Skyros*(elfenbeinweiss, feinrotlila auch braun ge 
streift durch thonschieferige Einlagerungen von Eisenoxyd), 9 ) Lesbos 
(ilividius, bläulich oder grau), 10 ) Chios (schwarzgrau mit roten Adern und 
weissen oder schwarzen Flecken, auch hell- und blaugrau, grobkörnig 
weiss), 11 ) noch mehr aber auf den „karystischen Stein“ aus drei Brüchen 
des Gebietes von Karystos auf Euböa (graulich oder gelblich mit grünem 
Geäder [Cipollino]; viel zu Säulen verwendet, 12 ) z. B. am Gymnasion des 
Hadrian, besonders von den Römern geschätzt), den Marmor von Naxos 
(ähnlich dem schlechteren parischen, mit bunten Spielarten), schon im 7. 
9 Vgl. Löwy, Inschriften 8. 10. 14. 17 
— 19.21; Friederichs-Wolters 119. 
2 ) Löwy 28. 24; angeblich Apollo von 
Tenea. 
3 ) Xenophon, neQi tioqcop 1, 4; über die 
jetzigen Preise Kordellas, *EXXa$ S. 167. 
4 ) Z.B. Böotien: Lepsius, Marmorstudien 
S. 111, z. B. Wolters 46. 47 ; Peloponnes: 
Lepsius S. 112; Eretria: Kavvadias, xaraX. 
115; Larissa: Lepsius S. 109 Nr. 886. 
5 ) Vgl. Eryxias p. 894 e. 
6 ) Vgl. Bch. 1, 399 Nr. 5. 6. 402 Nr. 14. 
16. 17 u. s. w. 
7 ) Nach Durm, Ztsch. f. Bauw. 1871 
S. 471 besteht sie jedoch aus Flechten. 
8 ) Lepsius S. 87 f. u. Nr. 352. 
9 ) Exp. de Moree, sect. des Sciences II 
p. 237, Atlas, geol. T. 8 Fig. 1. 2; Strab. 9, 
437; Plin. 2, 103; Eustath. Dion. Per. 521; 
mehrere alte Brüche: Ross, Königsreisen 2, 
32; Bch. 3,67. 
10 ) Conze, Reisen auf Lesbos S. 48; Ra. 
111 11, 242 ff.; Plin. 36,45. 
n ) Vgl. Theophrast. Steine 1, 6. 7; Plin. 
5, 38. 36, 46; Strab. 14, 1, 35; Karneades bei 
Cic. de div. 1, 12. 
12 ) Strab. 10,446, vgl. 9, 437; zwei Pfeiler 
in Melos: Prokesch, Denkw. 2,210. 
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