Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VII. Die kunstgewerbl. Arbeiten nach Form u. Verzierung. (§§ 285—2B6.) 263 
Litteratur: Virchow, Ztsch. f. Ethn. 2, 73 ff.; Lissauer, Antbrop. Korr. 1876 S. 10 ff.; 
Lindenschmit, Denkm. I H. 6 T. 6. 
Die Haus- und Hüttenurnen, von Mittelitalien bis Krain verbrei 
tet, wollen der Asche des Toten den Schein einer wirklichen Wohnung 
bieten, indem sie die Wohnhäuser der gleichen Zeit nachahmen; daher 
werden wir bei den Hausformen auf sie zurückkommen. 
236. So sehr auch die Gefässe ihrer Bestimmung nach, wie wir sahen, 
verschiedene Gestalt haben müssen, schliessen doch gewisse Grundzüge 
alle oder doch die Mehrheit zusammen. Im Allgemeinen zerfällt ein Ge- 
fäss in Leib (Bauch), Fuss, Hals, Mündung und Henkel. 
Litteratur: W. Fröhner, anatomie des vases antiques, Paris 1876. Die antiken 
Bezeichnungen, deren Zahl durch die Tempelinventare (vgl. Bch. 6, 109 f. 10, 462) wesent 
lich bereichert wurde, erheischen eine besondere Untersuchung. 
Die Form des Leibes ist durch die Bogenlinie, die er beschreibt, 
bedingt, und diese hat wiederum bei Thon, soweit es sich nicht um sehr 
einfache Gefässe handelt, ihren technischen Grund in der Töpferscheibe. 
Als eine besondere Spielart ist die kannelierte (geriefelte) Vase zu 
nennen, deren Rinnen das Halten erleichtern; 1 ) die gerippten Eimer wurden 
bereits oben erwähnt (S. 257). Alle bauchigen Gefässe sind an der Aussen- 
seite verziert, wobei durch die Henkel meistens das Bild des Averses (A) 
von dem des Reverses (B) geschieden wird. Je nach der Aufstellung 
kann eine Seite ausdrücklich als Vorderseite gekennzeichnet sein, 2 ) z. B. 
indem unteritalische Vasen auf der einen Schulter ein Medaillonbild tragen. 
Flache Gefässe dagegen können ein Innen- und zwei Aussenbilder haben, 
wobei ebenfalls die eine Seite bevorzugt werden muss, wenn Schalen und 
Schüsseln an der Wand hängen 3 ) oder gleich den Fruchtschüsseln von 
Urbino hoch gehoben serviert werden. 4 ) 
Der Fuss differiert nach der Höhe, der Gliederung und der Art wie 
er vom Bauche absetzt. Besonders viel Bedeutung für die elegante Er 
scheinung hat der Fuss bei Schalen, wo demgemäss verschiedenerlei Ver 
suche gemacht wurden. 5 ) An den schlanken Amphoren wurden so hohe 
Füsse angebracht, dass ihre Grösse kaum mehr zu steigern war. 8 ) Scheut 
man das Umwerfen oder stürzt man das Gefäss nach dem Gebrauche um, 
so kann der Fuss ganz wegbleiben, wie z. B. bei zahlreichen Trinkgefässen. 
Gefässe, die über das Feuer gestellt werden, bedürfen natürlich mehrerer 
Füsse, ebenso diejenigen von sehr bedeutendem Umfange. 7 ) Im Kunst 
handwerke ersetzen Tierbeine oder Figuren diese Füsse; eigentliche Träger 
sind die sogenannten Atlanten und die Silene. 8 ) Manch’ schönes Beispiel 
*) Ganz gewöhnlich dieWassergefässe wie 
ColliGtNon, catal. 577 (s. dessen Note); Wein- 
gefässe abgeb. an dem Sarkophag AZ. 22 
T. 185 ; xwd'wv Qccßdcorog Polenion bei Ath. 
11,484 c; vgl. Bch. 6, 109. 
2 ) Conze, Sitzungsber. d. Wiener Akad. 
64 (1870) S. 518; Jahn, Vasensamml. S. LVI. 
LXIII; Morgenthau, über den Zusammen 
hang der Bilder auf griechischen Vasen, T. 
Lpg. 1886. 
3 ) Z. B. Phineusschale. 
4 ) Vgl. Heliodor. 7, 27. 
5 ) Allmählicher Übergang bei den streng 
rotfigurigen Schalen z. B. Euphronios bei 
Gerhard, AV. 8, 226; stumpf z. B. bei Duris 
AZ. 1883 T. 3. 
6 ) Vgl. z. B. die an einer pergameni- 
schen Inschrift (Inschriften von Pergamon 
Nr. 68) abgebildete Amphora. 
7 ) Dreifussartige Gefässe: Schreiber, 
kulturhist. Atlas S. 8. 
8 ) Drei knieende Kolosse am Krater der 
Samier: Herod. 4, 152; abgeb. in der Tomba 
dell’ Orco M. 9, 15 (Silene); M. Piocl. 7, 4 
(Silene).
	        
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