Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäoiogie. I. Denkmälerkunde. 
An Vorratsgefässe, welche eine Flüssigkeit enthalten, stellt man den 
Anspruch, dass sie eine weite Öffnung haben, damit man bequem aus ihnen 
schöpfen könne. Da der starke Wein mit Wasser getrunken zu werden 
pflegt, bedarf man Mischkrüge (Kratere) 1 ) in grosser Menge. Die rech 
ten Namen freilich wollen sich mit den Formen nicht zusammenfinden: 
Amphora mit erweiterter Öffnung (angebliche Kelebe), 2 ) dann die rund 
bauchige henkellose Form, ähnlich einer Haubitze (als Lekane bezeichnet), 3 ) 
endlich Kelchgestalt oder der Glockenkrater (a campana;). 4 5 ) Beim Gebrauche 
erhält der Mischkrug einen Untersatz (vTtoxQaTrjQiov). Da jene Gefässe 
nicht bloss im Hause Dienste leisten, sondern auch den Göttern geweiht 
oder an die Strasse gestellt werden, 6 7 ) ist das Material oft Edelmetall und 
solider Marmor. Eine besondere Spielart des Mischkruges war das Kühl- 
gefäss (ipvxzr'jQ, ipvxTTjQiov, ipvysTov, xdXa&og). 1 ) In bescheidener Grösse 
wird die Transportfähigkeit dieser weitmundigen Gefässe erleichtert, indem 
man sie unten abrundet und ein dazu passendes hohes Fussgestell fertigt, 
welche Form fälschlich Deinos heisst. 8 ) Umgekehrt wird die grösste Gat 
tung zur Festlegung (allerdings auch zum Transport auf Schiffen und Last 
tieren) eingerichtet; es ist das oben weitgeöffnete und unten ganz spitz 
zulaufende Fass (Pithos, lat. dolium), welches in den Estrich des Hauses 
eingegraben werden kann und den trichterförmigen Vorratsgruben ent 
spricht. Seine Anbringung wird durch viele Bilder, z. B. der Danaiden- 
sage und des erymanthischen Ebers 9 ) beleuchtet. Bereits in der späteren 
Kaiserzeit begann das hölzerne Fass von den holzreichen und kalten Alpen 
aus 10 ) den Verbreitungsbezirk der Spitzfässer einzuschränken, welche aus 
den Bedürfnissen heisser Länder hervorgegangen; darum nahm man zu 
ihnen porösen Thon, der den in der Hitze verdunstenden Wasserstoff 
durchliess und dadurch die Flüssigkeit verhältnissmässig kühl erhielt, 
weshalb bei Homer schon „Thon“ schlechtweg das Weinfass bezeichnen 
kann. 11 ) Für den Transport bekommen die Spitzfässer, welche natürlich 
viel kleiner als die eingesenkten, die zu Hissarlyk eine riesige Grösse er 
reichten, 12 ) sind (m&ccxvai, mödxvia), Henkel. 
Die Giessgefässe, welche zwar auch bewahren, aber ihren Inhalt 
durch Neigen entleeren sollen, bilden eine zahlreiche Gruppe, welche sich 
in die drei Hauptklassen Krüge, Flaschen und Eimer sondern lässt. 
Erstere nähern sich der Amphoraform, haben jedoch eine engere Mündung 
oder es nimmt dieselbe, damit nichts verschüttet werde, die Gestalt eines 
Kleeblattes an (Dreischlitzgefässe). 13 ) Steinerne Gefässe mit zwei Aus- 
1 ) In Tempeln aus Silber oder Erz; 
eherne auch bei Vergil Aen. 9, 165. 
2 ) Ygl. v. Duhn, Comm. in hon. F. Bue- 
clieleri H. Useneri, Bonn 1873 S. 109. 
3 ) Form des Exekias; abgeb. in dem 
Yasenbild bei Stackelberg, Gräber T. 25 
und am Fries von Trysa T. 16 A. 5. 
4 ) Vgl. Klein, Euphronios S. 121. 
5 ) A. 1857, 104 ff. 
6 ) A. 1857, 127. 
7 ) Verzeichnet bei Klein, Euphronios 
S. 104; dazu Hartwig, Jahrb. 7, 157 A. 6. 
8 ) Aeivog (richtig divog) bei Dionys. 
Comic, frg. I p. 554. 
9 ) Furtwängler in Roschers Lexikon 
I Sp. 2201; vgl. Strab. 13,3,4. In kalkigen 
Thon eingebettet war das „Kenotaph“ von 
Blankenfelde (im märkischen Museum). 
1C ) Zu Aquileja im 3. Jahrhundert n. 
Chr. Herodian. 8, 4, 4. Mehrere kleine Thon 
fässchen wurden in der Pfalz gefunden 
(Speier Nr. 474. 499 u. ö.). 
11 ) Ilias 1 469. 
12 ) SCIILIEMANN, lÜOS S. 39 f. 
la ) Schon im Dipylon- und Phaleronstil 
Baumeisters Denkm. Abb. 2073. 2075—6. —
	        
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