Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VI. Materialien und Technik des Kunstgewerbes. (§ 213) 
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europa gefundenen Formen aus Sandstein, Speckstein, Thon und Bronze. 1 ) 
Durch Verbindung von zwei sich entsprechenden Formen entstand der 
Vollguss. Da zum Eingiessen des flüssigen Metalles eine Rinne gelassen 
wurde, bildeten sich nicht bloss an der Grenzscheide der Formen die vor 
stehenden Gussnäte, sondern auch durch die Rinne der Gusszapfen. Sorg 
fältige Arbeiter feilten diese Vorsprünge ganz weg. Sollten gerundete 
Gegenstände gegossen werden, dann grub man in dichte thonige Erde 
Modellgruben, 2 ) worein ein thönerner Kern, welcher den Umfang des er 
forderlichen Hohlraumes hatte, gehängt wurde. Der eigentliche Hohl 
guss aber erfolgte auf verschiedene Weise: Man konnte ihn durch stück 
weises Giessen gewissermassen umgehen; dann fügten eiserne Dübel die 
Teile zu einem Ganzen zusammen. 3 ) Auf einmal dagegen kann der Guss 
bei dem Verfahren „en cire perdue“ geschehen. 4 ) Über eine Thonskizze 
(den „Kern“) wird nämlich ein „Hemd“ von Wachs gelegt, in diesem die 
Einzelheiten modelliert und das Wachsmodell sodann mit einem „Mantel“ 
von Thon überzogen. 5 ) Nachdem gelindes Feuer letzteren erhärtet und 
das Hemd entfernt, erfolgt das Einströmen des Metalles. Um dem ge 
schmolzenen Wachs einen Ausweg zu gestatten und die Form nicht zu 
sprengen, müssen Luftlöcher (Luftpfeifen) gelassen werden, durch welche 
im Guss Auswüchse entstehen; diese werden, wie überhaupt fehlerhafte 
Erhebungen mit Bohrern und schneidenden Werkzeugen entfernt, während 
Vertiefungen und Löcher Einsatzstücke erhalten. Gegen die häufigen 
Gussblasen gab es aber keine genügende Hilfe. Die Dicke der Metall 
wand hing von der Geschicklichkeit des Giessers ab; feine Güsse griechisch 
zu nennen und plumpere römisch, geht doch wohl nicht an. Wenn die 
Dünnheit der Wand so gross ist, dass beim Gebrauche Beschädigung zu 
befürchten steht, wird der hohle Innenraum (z. B. eines Henkels) mit Blei 
ausgegossen. Da der Guss viele Schwierigkeiten mit sich bringt, verbanden 
weniger geübte Arbeiter Guss und Treibearbeit, indem sie beispielsweise 
an einem Gefässe den Leib trieben und den Fuss gossen. 
213. Ausserdem gibt es noch verschiedene Metalltechniken, welche 
wir als sekundär bezeichnen dürfen. Die Einwirkung des Feuers ist er 
forderlich bei der Lötung, d. h. der Verbindung eines Metallstückes mit 
einem grösseren durch ein leichter schmelzbares Bindemittel; dieses war 
für Gold Chrysokolla (Kupfergrün mit Gold und Silber), für Kupfer Galmei, 
jedoch bei Blech Alaun, und für Blei das Zinn. 6 ) Lötung von Eisen war 
nach den Griechen das Geheimnis des Glaukos von Chios, 7 ) die von Kupfer 
*) Abbildungen bei Schliemann, Ilios 
S. 282.482 f. 638 f.; Lindenschmit, Altertümer 
unserer heidn. Vorzeit I 1, 2, 10—12; II H. 
12 T. 1; Dahn, Urgesch. II S. 505; Mitt. d. k. 
k. Centralkomm. N. F. 14, 164 ff., m. Abb. (s. 
dieCitate S. 165); Am. J. 3, 369 T. 61 (für 
Gold- und Silb erarbeit er); Ausgr. v. Olympia 
IV 7. 26; vgl. auch Hefner, Töpferei S. 24, 
10; Vitr. 2, 7, 4; Plin. 86, 168. 
2 ) 1 (3) Buch der Könige 7, 46; über 
eine andere Weise Theophilus 3, 27. 
3 ) Zeuskopf von Olympia; Statuetten 
Friederichs-Wolters 108 u. 236. 
4 ) Schon die Phöniker scheinen es gekannt 
zu haben (Petrie, Naukratis T. 20, 17). 
5 ) Solche Mäntel sind mehrfach erhal 
ten: Abeken, Mittelitalien S. 357. 
6 ) Plin. 33, 94; abweichend bei Theo 
philus 3, 31. 51. 52. 3 Entrr]xta scheinen an 
gelötete Sachen in der delischen Inschrift 
bei Dittenberger Nr. 367 Z. 138. 202 zu 
heissen. 
7 ) Herod. 1,25 (weiter ausgesponnen von 
Plutarch. def. or. 47); vgl. Michaelis, AZ. 34, 
156 f.
	        
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