Kap. VI. Materialien und Technik des Kunstgewerbes. (§ 202.)
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wahr. 1 ) Manche behaupteten, es sei die Erfindung gemacht worden, das
Elfenbein zu erweichen. 2 )
Litteratur: Theophilos TU 92 (Beinschnitzerei), 93 (Färben); Blümner, 2, 357 ff.;
Marquardt, röm. Privataltert. Bd. II 3. Abschn. 6; über das Elfenbein: A. W. Schlegel, zur
Geschichte der Elephanten, indische Bibliothek 1, 140 ff. (Nachträge bei Tafel, dilucidatt.
Pindar. 1,152); Elfenbeinarbeiten: W. Maskell, ivories, ancient and mediaeval, London 1875
m. 8 T. u. 38 Abb.; Pulszky in der Einleitung zu dem S. 68 Z. 1 erwähnten Katalog; Wyatt,
notices of sculpture in ivory. Die bedeutendsten Sammlungen befinden sich im Louvre
(S. 51), Liverpool (Sammlung Fejerväry) und im SouttffKensington Museum (S. 169); s. auch
Oldfield, a catalogue of specimens of ancient ivory-carvings, London 1856.
Die Schildkrötenschale wurde in alter Zeit zum Resonanzboden der
Lyra genommen; erst der römische Luxus verfiel auf den Gedanken, sie
gleich den Elefantenzähnen zu zersägen und das Schildpatt wie das
Elfenbein zu benützen. 3 )
Litteratur: Blümner 2, 375 ff.
202. Bei den Produkten des Meeres denken wir vorzugsweise an
Perlen und Korallen; allein jene dienten der blossen Prunksucht, diese
dem Aberglauben. Nur die alten Gallier brachten die roten Zweiglein, an
deren Schutzkraft auch sie vielleicht glaubten, gerne an ihren Waffen und
Schmuckstücken, ohne die weissen Korallen zu verschmähen, an. 4 ) Künst
lerisch wurden beide Stoffe nur der Kuriosität wegen benützt; 5 ) auch
Perlmutter bedeutete für das Altertum nicht mehr. 6 )
Litteratur: Blümner 2, 378 ff.; Korallen in Italien: Guardabassi B. 1876, 93 ff.;
Capellini, Congres internat. prehist. Budapest 1, 447.
Wir wollen in frühere und interessantere Zeiten zurückgehen. Als
man die Metalle noch nicht ausnützte, war die starke Fischgräte neben
den Tierknochen ein unverächtliches Hilfsmittel und da die Putzlust nicht
erst ein Erzeugnis höherer Kultur ist, wurden schon damals Muscheln (z.
B. Turitella, Pectunculus und Natica) und die Ringe des Röhrenwurmes
von weit entfernten Meeresküsten gebracht, als noch Renntiere in Mittel
europa hausten. 7 ) Diese Liebhaberei blieb bis zur Zeit der ersten Kultur
bewegungen. Die Ägypter reihten Kaurimuscheln zu Halsbändern auf. 8 )
Vor allem ist die Tridacna squamosa hochgeschätzt worden und hat
selbst Zeichnungen eingraviert erhalten; 9 ) sie scheint die zweite orientalische
Periode zu begleiten. 10 ) Noch bekannter ist der Bernstein, dessen Fi
scherei in der Ostsee bereits vor Einführung der Metalle von den Astyern
betrieben wurde, nachdem ihn früher vielleicht ein Urwald im Kreise
Heydekrug bequemer geliefert hatte; das Gewonnene ging auf dem Land-
’) Kästchen ans Herculaneum in London,
abgeb. Ra. II T. 32 zu S. 282; Goldplättchen
mit Hausenblase aufgeleimt: Heraclius 1, 9;
Beinnadel mit vergoldetem Kopf in Speier.
2 ) Demokrit nach Seneca ep. 100; Plu-
tarch, ob das Alter genüge u. s. w. 4.
3 ) Die Zähne des Nilpferdes waren nur
eine Kuriosität (Paus. 8, 46, 4).
4 ) Plin. 32, 23; schöne Beispiele in Speier
(farbige Abb. eines torquis, Beitr. z. Anthrop.
u. Urgesch. Bayerns VI H. 2/3); übrigens ist
die weisse Koralle mit Triton tritonis leicht
zu verwechseln.
5 ) Korallenarbeiten: B. 1876 S. 93 ff.;
Bild des Pompejus aus Perlen PI. 37, 14.
6 ) Suet. Ner. 31 (Wandschmuck in Neros
goldenem Hause); Astragalos in Rom B. 1846
p. 95; Zierrate: Jorio, metodo p. 131.
7 ) Funde von Schweizerbild bei Schaff
hausen; über Höhlenfunde: Fischer, B. de
la soc. geol. de France s. II t. 4 (Paris 1876).
8 ) Abgeb. bei Caylus, recueil V T. 15
4. 5.
9 ) Mehrere in Naukratis (Naukratis I
T. 20) und Etrurien.
10 ) In Assyrien, Bethlehem, Naukratis
(I S. 35 T. 20, 10. 12. 16) und Italien. Mu
schelhalsband in einem alten Grab von Velis
in Böhmen (Prager Ausstellung Nr. 262).