Volltext: Das deutsche Feldeisenbahnwesen ; [1]. Die Eisenbahnen zu Kriegsbeginn (15. 1928)

öffentlicher Verkehr während Mobilmachung und Aufmarsch. 
45 
Mehl und Zucker, war an manchen Orten schon sehr bald außer¬ 
ordentliche Nachfrage. So lief bereits am 3. August ein Telegramm des 
Oberpräsidenten von Westfalen ein, wonach die Lebensmittelvorräte im 
westfälischen Industriegebiet knapp zu werden drohten. Zur Deckung des 
dringendsten Bedarfes wurde die schleunige Heranführung von 200 in 
Bremen angekauften Wagenladungen Reis erforderlich. Größere Lebens¬ 
mittelzufuhren verlangte auch die Versorgung der westlichen Grenzgebiete, 
wohin am 7. und 8. August ein Zug mit Mehl und Reis von Hamburg nach 
Aachen und Saarbrücken fuhr. Vorübergehende Anzuträglichkeiten ergaben 
sich im Kreise Saarburg in Lothringen, wo sich der sofortige Antransport 
von 40 Wagen Mehl und 20 Wagen Kartoffeln als notwendig erwies. 
Wenn hierbei für die größeren Orte keine erheblicheren Schwierigkeiten 
auftraten, so war dies zum guten Teil der Jahreszeit zuzuschreiben, in 
welcher der Krieg begann, und der hierdurch gegebenen Möglichkeit, auf die 
neuen Crntevorräte der näheren Umgebung der Städte zurückzugreifen. 
Auch Vorräte an Roh st offen waren zu Kriegsbeginn nicht aus¬ 
reichend vorhanden/ Zahlreiche Unternehmungen kamen hierdurch in die 
Gefahr, während der allgemeinen Beschränkung des öffentlichen Verkehrs 
ihre Tätigkeit einstellen zu müssen. Selbst staatliche und kommunale Betriebe 
sowie kriegswichtige Industrien waren mit Rohstoffen, insbesondere mit 
Kohle, vielfach derart unzulänglich versorgt, daß bald nach Ausspruch der 
Mobilmachung die Militär-Eisenbahnbehörden mit Beförderungsanträgen 
bestürmt wurden. Mögen manche dieser Anforderungen infolge allzu großer 
Besorgnis übertrieben gewesen sein, so zeigte sich doch, daß viele Stellen 
ihre Verträge mit Lieferanten nicht darauf geprüft hatten, ob die Unter¬ 
nehmungen für die erste Zeit des Krieges über genügend Rohstoffe verfügten. 
Auch die Scheu vor Zinsverlusten bei Lagerung größerer Vorräte' im 
Frieden mag an der nicht ausreichenden Versorgung schuld gewesen sein. 
Cs lag daher schon am ersten Mobilmachungstage eine Reihe von An¬ 
trägen privater Werke über eilige Rohstoffsendungen vor. Hierzu kam 
in den nächsten Tagen eine große Zahl nicht minder dringend gehaltener 
Anforderungen staatlicher Betriebe, insbesondere auch von Munitions¬ 
fabriken, die im Falle der Ablehnung mit Einstellung ihrer Arbeiten drohten. 
Umfangreiche Wagengestellungen und für die Abwicklung von Mobil¬ 
machung und Aufmarsch sehr störende Transporte waren die Folge. Sie 
verlangten von den Bahnen Leistungen, die mit Rücksicht auf die hohen 
militärischen Anforderungen nicht überall erfüllt werden konnten. 
Am dringendsten erwies sich die Beförderung von Kohle und Roh¬ 
stoffen für die im Bereich der Eisenbahndirektionen Essen und Elberfeld 
gelegenen Werke des rheinisch-westfälischen Industriegebietes.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.