Rückblick.
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Eine nicht minder hervorragende Rolle spielten die Schienenwege zu
Kriegsbeginn bei der Führung der Operationen auf dem östlichen
Kriegsschauplatz. Wenn die heimatlichen Bahnen hier auch nicht
allen militärischen Ansprüchen voll genügten, so waren sie doch den
Leistungen des angrenzenden österreichisch-ungarischen oder gar des russischen
Netzes bei weitem überlegen. Nachdem bald nach beendetem Aufmarsch
die 8. Armee aus ihrer breiten Grenzschuhaufstellung unter teilweiser Ver¬
schiebung mit der Eisenbahn hinter der Angerapp und der Masurischen
Seenkette zum Angriff gegen die russische Rjemen-Armee versammelt
worden war, führte der am 20. August abends erfolgte Abbruch der
Schlacht bei Gumbinnen zur Abbeförderung der auf den beiden
Armeeflügeln kämpfenden Verbände gegen die Weichsel. Während
der Transport der 3. Reserve-Division und der 6. Landwehr-Brigade aus
der Gegend von Lätzen ohne Störung verlies, ließ sich auf dem linken Flügel
die Verschiebung des I. Armeekorps infolge Äberfüllung der über Königs¬
berg—Marienburg laufenden Linie durch Räumungs- und Flüchtlings¬
züge nur unter mannigfachen Reibungen und Verzögerungen durchführen.
Die panikartig einsetzende Flucht der Bevölkerung aus den bedrohten
Grenzgebieten hatte eine so erhebliche Belastung des ostpreußischen Rehes
gebracht, daß die schnelle und planmäßige Abwicklung von Truppen¬
verschiebungen hierdurch außerordentlich behindert war. Bei der Lage der
8. Armee in Ostpreußen konnten die Eisenbahnen zur jederzeitigen
Erfüllung ihrer operativen Aufgaben nur dann befähigt bleiben, wenn sie
von allen nicht unbedingt notwendigen Transporten entlastet wurden.
Außer den nach Abbruch der Schlacht bei Gumbinnen abbeförderten
Verbänden der 8. Armee wurden noch Truppen der Festungsbesatzung
Thorn sowie die Landwehr-Division Goltz zur Schlacht bei Tannen¬
berg mit der Eisenbahn herangeführt. Die rechtzeitige Bereitstellung
aller verfügbaren Kräfte zum Angriff war nur durch planmäßiges Zu¬
sammenwirken von Fußmärschen und Bahntransporten möglich. Sie bil¬
deten die Grundlage der mit so überaus großem Erfolge durchgeführten Ver-
nichtungsoperation bei Tannenberg. Die aus dem Westen anrollenden
Verstärkungen — zwei Korps und eine Kavallerie-Division — kamen erst
nach Beendigung der Kämpfe Anfang September zur Ausladung und zur
Schlacht an den Masurischen Seen zum Einsah.
Trotz des geringen Bestandes an Vautruppen ließen sich nach den
Schlachten bei Tannenberg und an den Masurischen Seen die wichtigsten
Linien im befreiten Ostpreußen schnell wiederherstellen. Bei der beschränkten
Zahl benutzbarer Strecken und ihrer vorerst geringen Leistungsfähigkeit trat