Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Verhandlungen mit Österreich-Ungarn, 
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am 5.Mai in Wien hatte Graf Czernin Richtlinien ausgestellt, die 
zunächst Klärung der italienischen Ansprüche sowie der Garantien für 
Integrität der Monarchie forderten, im übrigen aber vor einer endgültigen 
Antwort Besprechungen mit den eigenen Verbündeten als erforderlich bezeich- 
neten. An diese Richtlinien hatte sich Kaiser Karl in der Antwort, die er dem 
Prinzen nunmehr gab, zwar gehalten, darüber hinaus aber seine Vereitwillig- 
keit zu Verhandlungen zum Ausdruck gebracht, vorausgesetzt, daß die Entente 
keine Beteiligung am Angriff gegen Deutschland von ihm verlange. Nach 
diesem dritten Besuch des Prinzen hielt es Graf Czernin nun doch für er- 
forderlich, Deutschland von den Verhandlungen Kenntnis zu geben. Er tat 
es in Form der Mitteilung, daß von feindlicher Seite ein Friedensangebot 
vorliege, und gab dazu, als der Reichskanzler daraufhin am 12. Mai nach 12. Ma«. 
Wien kam, folgende, die Hergänge allerdings völlig verschiebende Crläute- 
rung: England, Frankreich und Italien hätten der Monarchie einen Sonder- 
frieden angeboten gegen Abtretung des Trentino und einiger Inseln. Er 
fügte hinzu: Die österreichisch-ungarischen Truppen würden im Falle des Ab- 
schlufses den Schutz der deutschen Ostfront übernehmen, fo daß Deutschland 
Truppen nach dem Westen transportieren könne. Auch würde die Blockade 
der Adria aufhören, und Deutschland damit Lebensmittel erhalten können. 
Irgendwelche Folgen hatte diese Mitteilung nicht. Auf spätere Fragen nach 
dem Stande der Angelegenheit erhielt der Kanzler zur Antwort, „die feind- 
lichen Mächte hätten sich nicht wieder gemeldet'"). 
Unterdessen kam es auf Drängen der Obersten Heeresleitung am 18. Mai is, Mai. 
in Kreuznach mit Österreich-Ungarn zur Aussprache über die Ostfragen; Be- 
sprechungen mit Bulgarien sollten folgen, um des einmütigen Zusammen- 
gehens bei Friedensverhandlungen sicher zu sein. In Kreuznach gelangte man 
im wesentlichen zu denselben Ergebnissen wie bei den Verabredungen des 
Reichskanzlers mit Graf Czernin im März. Polen und die auf Grund des 
Selbstbestimmungsrechtes der Völker ebenfalls von Rußland zu löfenden 
Gebiete von Kurland und Litauen sollten Anlehnung an Deutschland 
erhalten, Österreich-Ungarn dafür fein Cinflußgebiet am Balkan erweitern. 
Mit dieser Lösung konnte — wie man hoffte — auch der wegen Bildung 
der polnischen Armee zwischen Deutschland und seinem Verbündeten bisher 
bestehende Gegensatz beseitigt werden. Die Oberste Heeresleitung war mit 
dem Ergebnis der Aussprache zufrieden. Graf Czernin meinte, man habe 
Zwar „ungefangene Fische verteilt, aber man wisse jetzt doch, daß auch für 
Österreich-Ungarn etwas zu gewinnen sei"2). Sein Ziel aber blieb im Gegen¬ 
-) Th. vonVethmann Hollweg: „Betrachtungen zum Weltkriege", Bd. II, S. 204. 
2) Bericht des deutschen Botschafters in Wien, Grafen Wedel, vom 23. Mai.
	        
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