Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Kriegszielfrage. — 
Denkschrift über die Gesamtlage. 
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Bevor es zu den hierüber beabsichtigten Verhandlungen mit Wien kam, 
antwortete Kaiser Wilhelm am 11. Mai in ermutigendem Sinne auf das n, Mai. 
Schreiben Kaiser Karls. Die Unterlage bildeten dabei unter anderem die 
Denkschrift der Obersten Heeresleitung vom 11.Mai 
über den Unterseekrieg') und eine von ihr erst mit dem Datum 
des 12.Mai ausgegebene Denkschrift über die Gesamtlage. 
„Die Mittelmächte" — so begann die Denkschrift über den Unterseekrieg — 
„können, wenn auch knapp, aus sich selbst leben und mit eigenen Mitteln 
Krieg führen. Von unseren Feinden bedürfen England, Frankreich und 
Italien, um zu leben, der Zufuhr von Nahrungsmitteln aus Amerika, Asien, 
Australien; ebenso bedürfen diese Staaten und auch Rußland der Ubersee- 
Zufuhr, um den Krieg weiter zu führen." Die Denkschrift schloß, wie bereits 
erwähnt: „Wir können warten, unsere Feinde nicht." 
In der Denkschrift über die Gesamtlage, die von General Ludendorff 
auch der österreichisch-ungarischen Heeresleitung zugesandt wurde, war aus- 
geführt: 
„Die vier großen Angriffe der E n g l ä n d e r2) sind einander mit so 
kurzen Zwischenräumen gefolgt, daß die Gründlichkeit der Vorbereitungen 
darunter leiden mußte. Ich sehe darin ein untrügliches Zeichen politischer 
und wirtschaftlicher Zwangslage: Die Wirkung des U-Boot-Krieges. Die 
beginnende Rationalisierung der Lebensmittel und die drohende Einführung 
von Karten in England deutet auf größte Sorge um die Ernährung. Eng- 
land hat bereits bei Frankreich um Verpflegungsaushilfe nachgesucht. 
Die Siegeshoffnung der Franzos enist trotz des Mißlingens der beiden 
großen Angriffe an der Aisne/Ehampagne-Front nicht zerstört. Auf gleich- 
zeitige Fortsetzung der Offensive muffen wir rechnen, an den gleichen oder 
an anderen Stellen. 
Das Mißlingen der Westoffensive muß die Willenskraft der Entente lähmen. 
Frankreich und England haben eine Kraftanspannung geleistet, die bald nach- 
lassen und sich in kürzerer Zeit voraussichtlich nicht wiederholen wird. Da 
Rußland erlahmt und Amerika in absehbarer Zeit nicht Helsen kann, so ist 
bei der stetig fortschreitenden Wirkung des U-Boot-Krieges die Zeit unser 
neuester Bundesgenosse geworden. 
Rußlands Wirren haben uns in der Verteidigung der Westfront unschätz- 
bare Dienste geleistet. Das russische Heer ist in absehbarer Zeit zur Offen- 
sive nicht befähigt. Daran wird auch die emsige Organisations-Tätigkeit der 
Cntente-Vertreter an der Front und in der Verwaltung nichts ändern. Wir 
') <5.540 f. 
2) Angriffe vom 9.—13., 2Z./24., 28-/29. April und 3. Mai. — Sperrdruck seitens 
b-r Forsch. Anst.
	        
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