Angriffsvorschläge der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. 545
Gegenangriff auszunutzen, und versprachen uns von ihm eine weitreichende
moralische Wirkung auf das französische Heer und Volk" — schrieb der Ober¬
befehlshaber der Heeresgruppe, Kronprinz Wilhelm, nach dem
Kriege'). Auch er ist in Ferngesprächen bei General Ludendorff für den An-
griff eingetreten, wobei er seiner Stellung entsprechend noch lebhafter und
nachdrücklicher als sein Generalstabschef sprechen konnte^). Cs zeigte sich aber
von Anbeginn an, daß die Ober st e Heeresleitung sich nicht in der
Lage fühlte, auf diese Pläne einzugehen. So ist es zu einem schriftlich for-
mulierten Antrage für einen großen Gegenangriff zunächst überhaupt nicht
gekommen, und auch später ist der Gedanke schriftlich nur mit Zurückhaltung
vorgetragen worden. Wohl aber legte die Heeresgruppe am 10. Mai den am
27.April von ihr eingeforderten Vorschlag der 5.Armee für einen Angriff
des äußersten rechten Flügels dieser Armee mit eng begrenztem Ziel in den
Argonnen") vor. Er hatte ursprünglich dazu dienen sollen, durch Vorgehen
gegen die Bahn Clermont—Dombasle französische Kräfte von der Haupt-
kampffront abzuziehen. Er ließ sich aber auch im Zusammenhang mit dem
Plan eines Angriffs der 7. Armee gegen die Aisne bei gleichzeitigem Aus-
weichen der 1. Armee verwerten. Irgendwelche Folgen hat der Vorschlag
nicht gehabt.
Die Ober sie Heeresleitung hatte gewiß volles Verständnis
für den Wunsch der Heeresgruppe, wieder einmal Hammer und nicht dauernd
Amboß zu sein, und General Ludendorff wäre der letzte gewesen, der eine
sich bietende Gelegenheit ausgelassen hätte, wenn nur die Kräfte zum Angriff
vorhanden gewesen wären').
Das deutsche Westheer, das mit 146 gegen 183 Divisionen in die großen
Frühjahrskämpfe eingetreten war, war nach diesen mindestens ebenso erschöpft
wie die Gegner. Wie groß der Mangel an kampfkräftigen
Divisionen dauernd war, zeigte schon die Meldung der Heeres-
gruppe Kronprinz Rupprecht vom 21. Aprils, in der es hieß,
sie muffe eine Reihe von Divisionen, die nach Meldung der Armeen „für
die Kampffront zunächst nicht verwendbar" seien, demnächst doch dort ver-
wenden und könne auch nichtRücksicht nehmen auf Divisionen, die, abgekämpft
1) „Meine Erinnerungen aus Deutschlands Heldenkampf", S. 279.
2) Gen. Gras Schulenburg schrieb hierüber im Aug. 1938: „Der Kronprinz
hat von seinem Quartier bei Charleville ebenfalls in Telephonverkehr mit Ludendorff
gestanden. Cs besteht für mich kein Zweifel, daß er im Mai/Juni 1917 dabei Luden-
dorff immer wieder bedrängt hat, dem von der Heeresgruppe beantragten Angriff zu-
zustimmen."
8) S. 399.
4) Vgl, S. 572. — -) S. 244 f.
Weltkrieg. XII. Band. 35