Entwicklung der Abwehr. Unterstellung der schweren Artillerie.
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danken, selbst wenn er mit den zur Zeit vorhandenen Mitteln erst unvoll-
kommen durchführbar war, mit allem Ernste wieder ausgesprochen zu haben.
Es konnte indessen auch nicht ausbleiben, daß Führer an der Front, die für
das Gelingen der Abwehr in erster Linie die Verantwortung trugen, auf
Grund eigener Erfahrung von der Wirksamkeit der Artilleriebekämpfung
nicht überzeugt waren, oder daß sie die Lösung anderer Aufgaben für noch
wichtiger ansahen. Beispiele für die damalige Beurteilung dieser Frage und
der in engem Zusammenhang mit ihr stehenden Unterstellung der schweren
Artillerie sind in den nachstehenden, aus Berichten entnommenen Aus-
sührungen enthalten, die gleichzeitig auf die überragende Bedeutung der
Unterstützung durch Luftstreitkräfte eingingen.
Das Oberkommando der Heeresgruppe KronprinzRupp-
recht wies in einem längeren Bericht vom 27. September 1916 über die
Lage an der Somme darauf hin, daß die Besehlsverhältnisse der schweren
Artillerie bei der 1. und 2.Armee nicht ganz gleichmäßig seien. Bei der
1. Armee erfolge die Feuerleitung durch den beim General- (Gruppen-) Kom-
mando befindlichen Kommandeur der schweren Artillerie, neben dem nur für
gewisse, rasches Eingreifen erfordernde Fälle den Divisionskommandeuren
ein Verfügungsrecht zugestanden sei. Bei der 2. Armee sei dagegen die
schwere Artillerie den Divisionen unterstellt, wobei den höheren Führern
naturgemäß das Recht bleibe, sie für bestimmte, von ihnen selbst aus-
zuwählende Fälle unter besonderem Befehl zusammenzufassen. Die Heeres-
gmppe war der Ansicht: „Die Masse der schweren Artillerie ist, ebenso
wie die Feldartillerie, den Divisionen zu unter st ellen; der
Divisionskommandeur ist für die Erfüllung der verschiedenen Kampfaufgaben
in seinem Abschnitt voll verantwortlich. Der je nach den Forderungen der
Lage wechselnd zusammengefaßte Rest bleibt in der Hand des Komman-
dierenden Generals zu dessen freier Verfügung; er regelt auch das Zusammen-
wirken der schweren Artillerie der Divisionen zu gemeinsamem Gefechtszweck."
Doch wurde dem Verfahren der I.Armee, wo die Divisionen sehr rasch
wechselten, die Berechtigung — aber nur unter den derzeit herrschenden
Bedingungen — nicht abgestritten. Diese Armee hatte mittlerweile emp-
fohlen, bei den Divisionen einen für schwere und Feldartillerie gemeinsamen
feuerleitenden Artilleriekommandeur einzusetzen, und dadurch das Zusammen-
wirken gesichert.
Hinsichtlich der Bekämpfung der feindlichen Artillerie legte der Bericht
das bisherige Verfahren dar, durch das man bemüht war, sich der Lage an-
zupassen: In den Tagen vor feindlichem Angriff werde die planmäßige
Bekämpfung der Artillerie des Gegners mit besonderem Nachdruck betrieben.
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