Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

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Der Krieg tm Osten, 
Miirz,April, der Zar abgedankt hatte, erklärte der englische Minister Vonar Law im 
Unterhaus bei der Bekanntgabe dieser Nachricht, die russische Revolution 
ziele nicht auf den Frieden, sondern auf verstärkte Kriegführung. Dann 
aber kamen am 19. März Nachrichten, nach denen die provisorische russische 
Regierung in Sorge sei, daß „die radikale Partei die Zügel in die Hand 
bekommt, und diese will Frieden machen"'). 
Es ergab sich die Frage, wie man sich zu den Vorgängen in Rußland 
stellen solle. Aus innerpolitischen Erwägungen, vor allem aber in der Hoff¬ 
nung, durch die Revolution mit Rußland zum Frieden zu kommen, trat 
der Reichskanzler dafür ein, sie keinesfalls durch militärische Unter¬ 
nehmungen zu stören. Die Ober st e Heeresleitung stimmte 
dem zu. Dabei war für sie die rein militärische Erwägung maßgebend, daß 
jede Ersparnis an Menschen, Gerät und vor allem auch an Munition, die 
durch Stillegen der Ostfront erzielt werden konnte, angesichts des bevor¬ 
stehenden Ansturms der Westmächte einen ebenso willkommenen wie notwen¬ 
digen Kraftzuwachs bedeutete. Bei dem dringenden Friedensbedürfnis 
der Donaumonarchie war deren Außenminister Graf Ezernin mit dem 
deutscherseits beabsichtigten Verhalten ohne weiteres einverstanden. Im un¬ 
mittelbaren Zusammenhange mit der jetzt neu geweckten Hoffnung auf bal¬ 
digen Frieden im Osten ergab sich aber auch die Frage der zu stellenden 
Friedensbedingungen, und hierüber war eine Einigung nicht so einfach*). 
Für dieTürkei konnte alles Nötige mit Enver Pascha besprochen werden, 
als er am 20.März in Kreuznach weilte^). Bulgarien war am Kampf 
gegen Rußland nicht unmittelbar beteiligt. Doch stimmte Zar Ferdinand, 
der als einer der besten Kenner russischer Verhältnisse galt, dem geplanten 
Verfahren durchaus zu"). 
Im Zusammenhang mit dem Plane, die Zersetzung des russischen Volkes 
und Heeres durch die Revolution dadurch zu fördern, daß man die — wie 
es schien — friedenswillige linksradikale Richtung gegen die von den West- 
mächten gestützten gemäßigteren Kreise unterstützte, hatte das Auswärtige 
Amt am 23. März bei der Obersten Heeresleitung auch angefragt, ob dem 
Wunsche in der Schweiz lebender „hervorragender russischer Revolutionäre" 
Tagebuchaufzeichnung des Gen. Ob. von Pleffen. 
2) Weiteres hierüber S, 566, 572und 575. 
3) S. 528. 
4) Mitteilung des Genmaj. a. D. von Mertz vom Dez. 1938, der am 24.März 
1917 als Chef der Oper. Abt. Balkan zum Vortrag in Sofia war und damals als 
Worte des Zaren aufzeichnete: „Ich würde an des Kaisers Stelle Im Osten den Truppen 
von jetzt ab das Schiehen verbieten, dann ginge die russische Armee in wenigen Monaten 
nach Hause... Rußland geht zweifellos zugrunde, wenn wir es jetzt militärisch in 
Ruhe lassen."
	        
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