(Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg. Revolution in Rußland. 1H?
2. Die Revolution in Rußlands.
Der strenge Winter und die daraus entstehenden Verpflegungs- und
Transportschwierigkeiten hatten in Rußland die seit langem unter der Ober-
fläche schwelende revolutionäre Bewegung in bedrohlichster Weise genährt.
Schon unmittelbar nach der Abreise der zur Konferenz in Petersburg an-
wesenden Vertreter der Westmächte geschah von russischer Seite ein Schritt,
um angesichts der unhaltbar gewordenen inneren Lage zum Frieden zu
kommen: Am 26. Februar hatte der amerikanische Botschafter in Wien 2«. Februar,
dem Außenminister Graf Czernin die Mitteilung zu machen^), daß „aus
St. Petersburg via Washington an Wien die verzweifelte Bitte um
Frieden eingelangt" sei; dabei wurde Geheimhaltung auch gegenüber den
Alliierten gefordert; andernfalls sollte das Angebot hinfällig sein. Ob dieser
Fordemng entsprochen wurde und von wem das Angebot ausgegangen ist,
ist nicht bekannt). Bevor aber dieser Faden weiter gesponnen werden konnte,
kam am 13. März die revolutionäre Bewegung zum offenen Ausbruch. Am ,z^srz.
15.März dankte Zar Nikolaus II. ab. Am 18.März trat die
Duma für Fortsetzung des Krieges ein. An die Spitze des Heeres trat bald
darauf der bisherige Generalstabschef, General Alexejew, ein unbe-
dingter Anhänger des Zusammengehens mit den Westmächten, der gewillt
war, alles zu tun, um das Heer schlagkräftig zu erhalten und sobald als mög-
lich zur Offensive anzusetzen. Im Innern des Landes aber machte die
Friedensbewegung täglich Fortschritte.
Am 21. März drängte General R i v e l l e auf Beginn der russischen 21. März.
Offensive Anfang oder Mitte April als besten Gegenmittels gegen die drohende
Auflösung des Heeres, aber der französische Militärbevollmächtigte bei der
russischen Heeresleitung gab nur wenig Hoffnung auf einen Erfolg dieses
Schrittes. General Alexejew hielt angesichts der Transportschwierigkeiten
die Verschiebung des Operationsbeginnes bis zum 15. Mai für nötig. Aber
die Hoffnung, das Heer würde die Krisis überwinden, erfüllte sich nicht.
Ende März glaubte er, daß vor Juni oder Juli an Operationen von irgend-
welcher Bedeutung russischerseits nicht zu denken sei, und warnte unter diesen
Umständen einstweilen auch vor entscheidungsuchenden Kämpfen an der
Front der Westmächte. General Nivelle andererseits wurde durch die Ver-
') Anschluß an ©.95 ff.; Näheres Teil IX: „Der Krieg im Osten".
-) Frhr. von Werkmann: „Deutschland als Verbündeter", S. 183; Ottokar Czernin:
„Im Weltkriege", S. 192 f.
') Cs ist immerhin möglich, daß die Westmächte von dem Schritte doch etwas
erfahren haben und seitdem an der Beseitigung des Zaren und feiner Ersetzung durch
zuverlässige Freunde, Großfürst Michael Alexandrowitsch und General Alexejew,
besonders stark interessiert waren.