Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Das „Hindenburg-Programm", 
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die wir für den Wiederaufbau und den Fortbestand unseres Wirtschafts- 
lebens nach dem Friedensschluß nicht entbehren können." 
Diese Ausführungen offenbarten den grundsätzlichen Unterschied 
zwischen den Anschauungen des Kanzlers und denen der Obersten Heeres- 
leitung. Während jener von einschneidenden Maßnahmen innerpolitische 
und wirtschaftliche Schwierigkeiten und für die Zeit nach dem Kriege schäd- 
liche Rückwirkungen befürchtete, kam es der Obersten Heeresleitung einzig 
und allein darauf an, durch äußerste Anspannung der gesamten Volkskraft 
zunächst einmal den Sieg sicherzustellen. 
Ähnliche Bedenken wie der Reichskanzler äußerte der ebenfalls zur 
Stellungnahme aufgeforderte Kriegsmini st er. Auch ihm schien, wie 
er am 14. Oktober ausführte^), allgemeiner Arbeitszwang für Männer und l».s«od-r. 
Frauen unnötig und schädlich. Er glaubte, daß auf den bisherigen, im 
einzelnen noch sehr ausbaufähigen Wegen bessere Ergebnisse erzielt werden 
könnten. Über verschiedene schon in Aussicht genommene Maßnahmen 
(vermehrte Einstellung von Frauen und Jugendlichen, An- und Umlernung 
Kriegsbeschädigter, Verwendung Kriegsgefangener, Heranziehung von 
Arbeitskräften aus besetzten Gebieten) machte er eingehende Angaben. 
Anknüpfend an den von der Obersten Heeresleitung geäußerten Gedanken, 
stellte er die Forderung nach Verlängerung der allge-zz.Oktober, 
meinen Wehrpflicht in den Vordergrund, mit der man sich im 
Kriegsministerium ohnehin schon beschäftigt hatte. Verlängerung nur 
bis zum 50. Lebensjahr erschien ihm aber nicht ausreichend, da sie nur 
einen Zuwachs von 27*Jahrgängen brachte; denn im Kriege blieben, ab- 
weichend vom Friedensverhältnis, alle Wehrpflichtigen auch nach Voll- 
endung ihres 45. Lebensjahres für die Dauer des mobilen Zustandes wehr» 
oder landsturmpflichtig; 1916 war also der Jahrgang 1879 (47jährige) 
ohnehin noch wehrpflichtig. Man müsse also — so meinte der Kriegs- 
minister — mit der allgemeinen Wehrpflicht weiter gehen. Allerdings 
könne nicht daran gedacht werden, „die älteren Jahrgänge unterschiedslos 
in die Front zu stellen"; es käme vielmehr darauf an, „zu allgemeinem 
nationalen Arbeitsdienst alle Kräfte zu sammeln und jeden auf den ihm 
angemessenen Platz zu stellen, der vielen Männern eine bisher nicht erfüllte 
Pflicht anweist. Als Maßstab für die Einziehungen muß die Auffassung 
gelten, daß außer Schwerkranken fast jedermann zu irgendwelchen nutz- 
bringenden Arbeiten verwendet werden kann, also arbeitsverwendungsfähig 
ist. Auch erhebliche körperliche Mängel brauchen demnach eine Verwendung 
zu Arbeitszwecken nicht auszuschließen. Nach Einführung dieses Grund- 
') Voller Wortlaut abgedruckt bei Sichler-Tiburtius, „Die Arbeiterfrage, eine 
Kernfrage des Weltkrieges", S. 109 ff.
	        
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