Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Das „ Hindenburg-Programm". 
35 
Durchführung dieser Maßnahmen beantragte sie den Erlaß eines 
„Kriegsleistungsgesetzes", das zugleich dazu dienen sollte, 
Arbeiter „aus fast stillstehenden Industriezweigen" zu verpflanzen, die 
Belegschaften aller nicht für die Kriegswirtschaft tätigen Betriebe ein- 
zuschränken und anders zu verwenden, sowie die „Arbeitskraft jedes ein- 
zelnen voll auszunutzen". Das Gesetz sollte auch auf „abkömmliche Frauen" 
ausgedehnt werden. 
Es sei möglich, hieß es im Schreiben des Generalfeldmarschalls weiter, 
„daß innerpolitische Rücksichten dagegen sprechen. Der bittere Ernst der 
Lage zwingt aber dazu, und ich hoffe, daß bei einer sachlich ruhigen Auf- 
klärung das Volk nicht zögern wird, die gewiß nicht gering einzuschätzenden 
Pflichten zu übernehmen". Ein solches Kriegsleistungsgesetz sei zudem auch 
ein Akt der Gerechtigkeit; denn es sei „namentlich in Anbetracht des all- 
gemeinen Wahlrechtes schreiend ungerecht, daß ein Teil der Männer (und 
zwar durchschnittlich die kräftigsten und für den Staat wertvollsten) Leib 
und Leben vor dem Feind einsetzt und beruflich auf das schwerste geschädigt 
wird, während die anderen in Sicherheit daheim sitzen und leider nur für 
den Gewinn arbeiten. ... Arbeit für das Allgemeinwohl ist jetzt Pflicht 
für alle und gibt keinen Anspruch auf besondere Rechte, sondern ist höchstens 
ein Grund für die Existenzberechtigung. ... Der Grundsatz: »Wer nicht 
arbeitet, soll auch nicht essen« ist in unserer Lage mehr denn je berechtigt, 
auch den Frauen gegenüber... 
„Ich zweifle nicht, daß unser Volk, wenn ihm der Ernst der Lage 
klargemacht wird — und das muß geschehen — sich willig fügt. Täte es 
dies nicht, so wäre Deutschland nicht des Sieges wert. Es ist zudem höchste 
Zeit, daß unberufenen Schreiern und Hetzern'), ebenso der stellenweise 
herrschenden unwürdigen Gewinn- und Vergnügungssucht endlich das 
Handwerk gelegt wird, und das kann nur geschehen, wenn die berufenen 
Stellen energisch aufklärend und, soweit nötig, strafend durchgreifen. Das 
ganze deutsche Volk darf nur im Dienste des Vaterlandes leben. 
„Um Erfolg zu erzielen, ist schnelles Handeln nötig. Jeder Tag 
ist von Wichtigkeit. Die nötigen Maßregeln sind sofort zu 
ergreifen." 
*) Am 1. Mai hatte in Verlin der Reichstagsabgeordnete Liebknecht eine revo- 
lutionäre Demonstration gegen den Krieg veranstaltet; er war zu 2>/-jähriger Zucht- 
hausstrase verurteilt worden. Trotzdem waren im Mai und Juni weitere Hunger- 
und Friedensdemonstrationen in Berlin und anderen Städten gefolgt. Im Sommer 
waren zahlreiche Streiks auch in Rüstungsbetrieben ausgebrochen. Während von 
Kriegsbeginn bis zum Frühjahr 1916 insgesamt noch nicht 18 000 Arbeiter an Streiks 
beteiligt gewesen waren, stieg die Zahl im zweiten Vierteljahr 1916 allein auf 54000. 
3*
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.