Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Kaiser Karl. 
485 
Nach den Eindrücken, die der junge Fürst vor allem während seiner 
Tätigkeit bei der Heeresleitung gewonnen hatte, war er entschlossen, mit 
dem Regierungsantritt auch die Führung des Heeres selber in die Hand 
zu nehmen. In einer dem alten Kaiser auf dessen Verlangen am 29. Sep¬ 
tember eingereichten Äußerung über die Verhältnisse bei der Heeresleitung') 
hatte er als Erzherzog-Thronfolger die Enthebung des Feldmarschalls Erz¬ 
herzog Friedrich von der Stellung als Oberbefehlshaber vorgeschlagen, da 
dieser es nicht verstanden habe, „mit dem Chef zu sprechen und ihm mensch- 
lich näherzutreten". Mit dem Oberbefehl sollte Feldmarschall Erzherzog 
Eugen, bisher Oberbefehlshaber der Heeresgruppe in Tirol, betraut werden, 
„bei vorläufiger Velafsung des Chefs". Die Gründe für letzteres waren 
gewesen: „1. die große militärische Autorität, die Conrad auch bei den 
Deutschen genießt, 2. die große Schwierigkeit eines würdigen Nachfolgers"; 
Generaloberst von Conrad überrage, „was Geist anbelangt", alle drei sonst 
etwa in Frage kommenden Personen2). Der Kaiser möge aber dem Crz- 
herzog Cugen „befehlen, daß alle herrschsüchtigen Gelüste des Armee-Ober- 
kommandos aufzuhören" haben, daß es mit allen Zivilstellen Frieden zu 
halten und den Kaiser über alle Vorgänge klar zu unterrichten habe. Aus 
diesen Forderungen, die allerdings nicht mehr erfüllt wurden, geht die 
Stellungnahme des jungen Kaisers zur Heeresleitung eindeutig genug 
hervor. 
Am 26. November ernannte Kaiser Karl Generaloberst von Conrad 2«. November, 
zum Feldmarschall. Vei seiner ersten Anwesenheit im Hauptquartier gab 
er am 2. Dezember durch „Armee- und Flottenbefehl" bekannt, daß er den 2. Dezember. 
Oberbefehl nunmehr tatsächlich übernommen habe. Der bisherige Ober- 
besehlshaber Erzherzog Friedrich wurde „Stellvertretender Oberbefehls- 
Haber". Mit Feldmarschall von Conrad fand sich der Kaiser, trotz sonstiger 
Gegensätze, auf dem Gebiete der möglichsten Wahrung österreichisch-unga- 
rischer Selbständigkeit. Sie schien beiden geboten. Nach Ansicht des Feld- 
Marschalls von Conrads war es durch die Einführung gemeinsamen Ober- 
besehls „zu Eingriffen in das innere Gefüge der österreichifch-ungarischen 
Truppen und damit unbewußt zur Förderung jener Propaganda" gekommen, 
die „auf den nationalen Zerfall des Kaiserlichen und Königlichen Heeres 
*) Karl Freiherr von Werkmann: „Deutschland als Verbündeter", S. 87 f. — 
Inwieweit der Erzherzog-Thronfolger die Dinge dabei zutreffend gesehen hat, bleibt 
hier unberücksichtigt. 
2) Das waren: Fldmlt. Alfred Krauß, Gen. d. Inf. Arz von Straußenburg und 
Fldmlt. Csieseries. 
3) Feldmarschall Conrad: „Aus meiner Dienstzeit", Vd. IV, S. 261.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.