Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Aufstellung polnischer Hilfstruppen, 
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gewesen; handelte es sich doch immer um Sieg oder Niederlage des deutschen 
Volkes". Was später kommen mochte, hatte zurückzutreten gegenüber den 
unabweisbaren Forderungen der augenblicklichen Gefahr. 
Am 5. September drängte Generaloberst von Veseler auf Ve- ^ 
schleunigung der beabsichtigten Kundgebung, da Polen „sonst den russischen ' ° 
Lockungen') erliegen könnte". Nun aber ergaben sich zwischen der deutschen 
und österreichisch-ungarischen Heeresleitung Gegensätze, die vor allem aus 
der deutscherseits angestrebten Vereinheitlichung der Verwaltungen der 
Generalgouvernements Warschau und Lublin erwuchsen, im übrigen das 
Verhältnis der zukünftigen polnischen Wehrmacht zu den beiden ver- 
bündeten Mächten betrafen. Bei der überaus ernsten Gesamtlage wollte 
die deutsche Oberste Heeresleitung nicht noch länger warten. Auf ihr Ve- 
treiben erhielt Generaloberst von Veseler am 17. September vom Reichs- 
kanzler den Auftrag, im Generalgouvernement Warschau sobald als möglich 
mit der Aufstellung von Stämmen für polnische Freiwilligen-Formationen 
zu beginnen. Zwei Tage später, am 19. September, teilte Generaloberst ' 
von Conrad der Obersten Heeresleitung mit, daß die täglich schwieriger 
werdenden Verhältnisse bei der Polnischen Legion des österreichisch-unga- 
rischen Heeres deren Umwandlung in ein „Polnisches Hilfskorps" not- 
wendig machten; es werde zunächst aus zwei Infanterie-Divisionen bestehen, 
alle im Generalgouvernement Lublin aufgestellten Verbände umfassen und 
nationalpolnische Fahnen erhalten. Das bedeutete die Durchkreuzung der 
deutscherseits mit Varon Vurian getroffenen Verabredung, die eine ein- 
heitliche polnische Wehrmacht vorsah. Es kam zu scharfen Auseinander- 
setzungen. Generalfeldmarschall von Hindenburg sah in dem Vorgehen des 
Generalobersten von Conrad eine „eminent politische Tat". 
Bei einer Besprechung, die einen Monat später, am 18. Oktober, »».sitober. 
zwischen den deutschen und österreichisch-ungarischen politischen und mili- 
tärischen Spitzen in Pleß stattfand, stellte Generaloberst von Veseler, der 
sich von der Aufstellung eines polnischen Heeres große Erfolge versprach, 
fürs erste vier bis fünf Divisionen in Aussicht. Demgegenüber warnte 
Generaloberst von Conrad dringend vor jedem Optimismus*). Die Aussprache 
*) Kundgebung vom 14. Aug. 1914, die den Polen Vereinigung „unter dem 
Szepter des mächtigen Zaren, Wiedergeburt seiner Selbständigkeit, Religion, Sprache" 
in Aussicht stellte; Zusicherung der Selbstverwaltung am 1. Aug. 1915 vor der Duma, 
der nationalen Wiedervereinigung am 22.Febr. 1916 ebenda. 
2) Ludendorff: „Kriegserinnerungen", <2.315. Nicht in den Akten, wohl aber 
im Schrifttum ist von mehreren Hunderttausend Mann die Rede, die Gen. Ob. 
von Veseler insgesamt in Aussicht gestellt habe; Gen. von Cramon („Unser österr.-ung. 
Bundesgenosse im Kriege", S. 121) schreibt von 15 Divisionen, die „mit Bestimmt- 
heit" genannt wurden.
	        
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