Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Zuspitzung des Gegensatzes zwischen Kanzler und O. H. L. 
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„In mißverständlicher Auffassung Euerer Exzellenz Worte vor der 
Reichstagskommission Mitte September macht der größte Teil des deut° 
schen Volkes die Oberste Heeresleitung allein für die Entscheidung über 
die Frage verantwortlich, ob der verschärfte U-Voot-Krieg geführt werden 
soll oder nicht. Dies trifft nicht zu. Solange Euere Exzellenz und die 
Oberste Heeresleitung einer Auffassung waren, konnte ich darüber hinweg- 
sehen. Da jetzt die Ansichten scharf auseinander zu gehen scheinen, muß ich 
es zur Wahrung der Stellung der Obersten Heeresleitung aussprechen, daß 
Euere Exzellenz als Reichskanzler zwar die ausschließliche Verantwortung 
beanspruchen, daß ich aber selbstverständlich auch weiter mit aller Kraft und 
im vollen Verantwortlichkeitsgefühl für den siegreichen Ausgang des 
Krieges dafür eintreten werde, daß militärisch das geschieht, was ich dazu 
für richtig halte." 
Der Reichskanzler gab auf diese Ausführungen nur eine kurze 
schriftliche Antwort und behielt sich alles Weitere für eine in den nächsten 
Tagen in Pleß geplante Aussprache vor. Sie fand am 29. Dezember statt. 2s. Dezember. 
Der Reichskanzler hatte außer Staatssekretär Zimmermann auch Staats- 
sekretär Helfferich mitgebracht, der als Gegner des uneingeschränkten Unter- 
seekrieges bekannt war. Der Generalfeldmarschall und General 
Ludendorff lehnten es aber ab, diesen für die hier zu treffenden Ent- 
scheidungen nicht zuständigen Berater an der Aussprache teilnehmen zu 
lassen. Der Kanzler nahm vor allem zu der Forderung Stellung, den Unter- 
seekrieg gegen bewaffnete feindliche Handelsschiffe sofort zu beginnen; da 
dies für Amerika gleichbedeutend mit der Aufnahme des uneingeschränkten 
llnterseekrieges sein werde, müsse die Beantwortung der deutschen und 
amerikanischen Friedensnote abgewartet werden. Dieser Auffassung konnte 
sich auch die Oberste Heeresleitung nicht verschließen, an der Forderung 
baldigen tatkräftigen Handelns zur See hielt sie aber feff). 
Die im wesentlichen zustimmende Antwort der deutschen 
Regierung auf den Friedensschritt des Präsidenten 
Wilson war inzwischen am 26. Dezember dem amerikanischen Botschafter 
Gerard überreicht worden. Dem Wunsche, die Friedensbedingungen zu 
nennen, wurde aber nicht entsprochen, weil man mit den Gegnern direkt 
') Der jetzige Legationsrat a. D. von Lersner führt hierzu in einer Zu- 
schrist vom Febr. 1937 aus: Nach der Unterredung mit dem Generalfeldmarschall und 
General Ludendorff hätten der Reichskanzler und Staatssekretär Helfferich ihm 
erklärt, „daß sie in der Frage des uneingeschränkten !l-Voot-Krieges nunmehr 
nachgeben müßten, weil sonst zwischen Oberster Heeresleitung und Reichsleitung 
offener Kampf ausbrechen werde. Das würde Kaiser, Volk und Vaterland in ihren 
Grundfesten zum mindesten erschüttern. Sie, als die Schwächeren, müßten daher um 
des inneren Friedens willen ihre eigene bessere Überzeugung hintansetzen."
	        
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