Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Entstehung des Friedensangebotes. 
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Vernstorff vom 12. September') nicht so bald zu erwarten war, suchte er 
nach neuen Wegen zum Frieden. Der grundsätzlichen Zustimmung öfter- 
reich-Angarns konnte er dabei sicher sein. Nach Vorbesprechungen, und 
nachdem inzwischen die Rumänen so gut wie ganz aus Siebenbürgen ver- 
trieben waren, schlug der österreichisch-ungarische Außen- 
m i n i st e r Varon Vurian in Pleß am 17. Oktober vor, an alle Neutralen » snob-r. 
gleichlautend und öffentlich das Ersuchen zu richten, unseren Feinden ein 
Friedensangebot zu übermitteln. Der Reichskanzler erwiderte, er 
habe denselben Gedanken bereits seit längerer Zeit ernstlich erwogen und 
werde ihn weiter verfolgen. Einen russischen Separatfrieden hielt Baron 
Vurian „für ganz ausgeschlossen... Augenblicklich sei ihm Rußland die 
völlige Sphinx". Die Ober st e Heeresleitung war mit einem 
Friedensangebot einverstanden, wenn ihr desien Aussichten auch gering 
erschienen. „Der Versuch war zu machen", schreibt General Ludendorff). 
„Wir mußten nur alles vermeiden, was nach einem Schwächezeichen aus- 
sah. Dies hätte auf Heer und Volk drückend gewirkt und wäre nur ein 
Anreiz für die Entente gewesen, ihre Anstrengungen, uns niederzuschlagen, 
zu verdoppeln." Als Voraussetzung für das Friedensangebot forderte er 
daher: gute militärische Lage und Verabschiedung des Hilfsdienstgesetzes'). 
Kaiser Wilhelm griff die Anregung, über die der Reichs- 
kanzler ihm Vortrag hielt, freudig auf. In einem Brief an den Kanzler 
vom 31. Oktober bezeichnete er den Friedensvorschlag als eine „sittliche 31. ««ober. 
Tat" und fuhr fort: „Zu einer solchen gehört ein Herrscher, der ein Ge- 
wissen hat und sich Gott verantwortlich fühlt. .., der, unbekümmert um die 
eventuellen absichtlichen Mißdeutungen seines Schrittes, den Willen hat, 
die Welt von ihren Leiden zu befreien. Ich habe den Mut dazu. Ich will 
es auf Gott wagen.. Am folgenden Tage übermittelte er an Kaiser 
Franz Joses den Vorschlag, daß die Veröffentlichung des Friedensangebots 
„vor Anfang der Winterkampagne" erfolgen und als grundlegenden Ge- 
dankengang die Auffassung enthalten solle, „daß wir nicht in einem Cr- 
oberungs-, sondern in einem Verteidigungskriege das Dasein, die Cnt- 
Wicklungsfreiheit und die Zukunft unserer Völker sichern wollen". Kaiser 
Franz Josef stimmte grundsätzlich zu. 
In den nächsten Wochen folgte ein reger Gedankenaustausch zwischen 
Oberster Heeresleitung, Reichskanzler und österreichisch-ungarischem 
Minister des Äußeren über die Form, in der das Friedensangebot ergehen 
') S. 447. 
2) „Kriegserinnerungen", 0.243. 
3) S. 39. 
4) Bethmann, a. a. €>., S. 152 Fußnote.
	        
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