Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Innere Krisen in England und Frankreich. 
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begannen knapp zu werden. Gerade die landwirtschaftlich ergiebigsten Be- 
zirke waren vom Gegner besetzt, und im Vergleich zu 1915 war der 
Gesamtraum der bestellten Fläche auch noch erheblich zurückgegangen. Der 
Verlauf des Jahres 1916 aber ließ baldige Beendigung des Krieges kaum 
wahrscheinlich erscheinen; nach den vielen über die Somme-Schlacht ver- 
öffentlichten Siegesberichten empfand man das Ergebnis als unbefriedigend. 
Diese Stimmung begann auch in das Heer einzudringen. Präsident 
Poincars hatte bereits Ende Oktober Kenntnis von einem „mauvais 
esprit" bei einzelnen Truppenteilen, besonders bei Territorialformationen, 
erhalten; Aufmfe zum Zeichnen von Kriegsanleihe waren ihm aus der 
Front mit Schmähungen und Drohungen übersandt worden'). Waren dies 
auch Einzelfälle, so verdichtete sich die Unzufriedenheit im Parlament zu 
heftigen Angriffen gegen Ministerpräsident Briand und vor allem gegen 
General Ioffre. Dem Ministerpräsidenten warf man vor, daß er dem 
Generalissimus zu große Selbständigkeit gelassen habe; das Parlament sei 
ausgeschaltet. 
Neuen Austrieb erhielt die Mißstimmung, als am 17. November der 
Generalissimus die sofortige Einberufung des Rekrutenjahrgangs 1918 
beantragtes, da nach sorgfältigem Auskämmen der Waffenfähigen in allen 
Betrieben und verschärfter Heranziehung der bedingt Tauglichen die Zahl 
der dadurch gewonnenen Wehrfähigen noch nicht genügte, um bei gleich- 
bleibenden Verlusten im kommenden Jahre eine größere Offensive durch- 
zuführen. Im „Comite secret" der Abgeordnetenkammer kam es zu neuen 
heftigen Angriffen gegen die Regierung. Die Leitung der Operationen der 
Orient-Armee sollte dem Generalissimus entzogen, ihr Führer dem Kriegs- 
minister unmittelbar unterstellt werden. Andererseits sollte die Leitung der 
Operationen der verbündeten Heere in Frankreich und Belgien möglichst 
vereinheitlicht werden. Ministerpräsident Briand sagte Umbildung der 
obersten Führung zu; sie werde in die Hände eines Generalissimus aller 
französischen Armeen gelegt werden, der als Berater der Regierung die 
Anlage und Durchführung der Operationen bearbeiten sollte. Daneben 
sollte je ein Oberbefehlshaber der Truppen in Frankreich und im Orient 
stehen und im Rahmen des mit den Verbündeten zu vereinigenden Gesamt- 
planes „größtmögliche Selbständigkeit" in den Operationen haben. Die 
Regierung werde das Recht der Besetzung aller Führerstellen des Heeres 
für sich beanspruchen, allerdings nach Vorschlägen der Oberkommandos. 
1) Bericht von Verbindungsoffizieren an den Präsidenten (Poineare, „Au 
Service de la France", Bd. IX, ©. 14). 
2) Franz. amtl. Werk, Bd. V, S. 148; Schreiben des Gen. Zoffre vom 17. Nov. 
an den Kriegsminister.
	        
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